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ANHANG1060
Finsternis“ versinken würde – entzieht sich jeder menschlichen Voraussicht
und Berechnung.
Genug, dass die Pflicht der Selbsterhaltung die Restauration auf ge-
schichtlicher Grundlage gebietet und diese eine Gliederung nach Ständen
erheischt.
Einer dieser „Stände“ ist der Adel, [dazu] berufen, die höchsten und allge-
meinsten sozialen Interessen selbsttätig und opferwillig zu vertreten.
Zu diesen sozialen Funktionen befähigt ihn materiell ein entsprechen-
der fester Besitz und moralisch die von Geschlecht zu Geschlecht sich ver-
erbende Tradition und die daraus erwachsene unabhängige adelige Gesin-
nung.
Das soziale Gewicht des Standes muss notwendig seinen politischen Aus-
druck und jene Stellung im Staat nach sich ziehen, welche ihn auch auf die-
sem Gebiet befähigt, seinem Beruf gerecht zu werden. Das ist der Schirmer,
Beschützer und Vertreter der andern Stände, der Führer seines Volkes zu
sein. Es ist also nicht nur ein berechtigtes Streben, sondern geradezu eine
Pflicht des Adels, für das Gemeinwohl nach jener Macht zu streben, welche
es ihm ermöglicht, seinen Beruf in Gesellschaft und Staat zu erfüllen.
Welches sind die Mittel und Wege, an dieses Ziel zu gelangen?
III.
Wenn auch die Zerbröckelung des Adels nach dem Gesetz des „Falls“ vor
unsern Augen mit zunehmender Geschwindigkeit sich vollzieht, sein Besitz
immer rascher in andere Hände übergeht und fremde Elemente in densel-
ben eintreten, so ist doch noch ein gesunder Kern im Stande vorhanden,
der auf altererbtem Grundbesitz „steht“. Diesen Kern zusammenzufassen,
demselben durch eine Organisation die Möglichkeit der Selbsterhaltung,
den Schutz gegen zerstörende Einflüsse, ein erhöhtes Selbst- und Standesbe-
wusstsein und die Attraktionskraft zu geben, Gleichartiges anzuziehn und
aus sich heraus zu wachsen – das ist das Mittel zur Erhaltung des Adels und
der Weg, auf welchem seine Reform anzustreben, und will‘s Gott, durchzu-
führen ist.
IV.
Niemals hat die Revolution entschiedener den Funktionen eines Standes
Einhalt getan, den Lauf geschichtlicher Entwicklung zum Stillstand ge-
bracht, ja sogar ins entschiedene Gegenteil verkehrt, als dies, beginnend mit
dem Jahre 1848, bezüglich des öster[reichischen] Adels der Fall gewesen ist.
Und was anderwärts in Strömen von Blut und Tränen in heißen langwie-
rigen Kämpfen unterging, vollzog sich hier still und lautlos, sozusagen durch
einen Federstrich.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115