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SchwarzenbergstraĂźe. Hier maturierte er am Wiener Franz- Joseph-
Gymnasium,
an dem zu dieser Zeit u. a. Heinrich Stephan Sedlmayer, Karl Kraus’ ehemaliger
Latein-, Philosophie- und Deutschlehrer, und Eduard Castle unterrichteten.
Letzterer beschrieb Lothar als ehrgeizigen SchĂĽler,7 der das besagte Gymna-
sium in einer »so unangenehmen Erinnerung« 8 behielt.
Lothars erste literarische Versuche reichten in die frĂĽhesten Schuljahre zurĂĽck,
in der siebenten Gymnasialklasse arbeitete er an »einem Epos, das ›Des Men-
schen Erdenwollen‹ hätte darstellen sollen, aber vermöge seines Urhebers, der
vom Erdenwollen bisher wenig genug erfahren hatte, in den Anfängen liegen
blieb« 9. Familienintern dürften seine literarischen Ambi
tionen auf wenig Gegen-
liebe gestoßen sein, obwohl er sich gerade durch sein Elternhaus »voller leben-
diger Kunsteindrücke«, einer »Stätte, wo viele Künstler verkehrten«, sehr bald
»zur künstlerischen Betätigung […] hingezogen« 10 fühlte. Allerdings sah sein
Vater fĂĽr ihn eine juristische Laufbahn vor, und so inskribierte Ernst Lothar im
Wintersemester 1908/09 (bis zum Sommersemester 1912) als ordent licher Hörer
an der Rechts- und Staatswissenschaft
lichen Fakultät der Universität Wien.11
Denn Hans war bereits von seiner ursprĂĽng lichen Bestimmung abgewichen;
einzig Robert, der älteste Sohn,12 war den Wünschen des Familienoberhaupts
gefolgt und arbeitete nach dem Jusstudium in der Anwaltskanzlei des Vaters.
Hans aber entschied sich fĂĽr eine Schriftstellerkarriere, war mit seinen Werken
erfolgreich. Der 19-jährige Lothar hatte, obgleich es ihm bereits gelungen war,
einige seiner Gedichte und Erzählungen in Zeitschriften unterzubringen, das
GefĂĽhl, im Schatten des Bruders zu stehen:
[I]ch, im Schatten des Erfolgumglänzten unsichtbar, (bildete) mir keinen Augen-
blick lang ein(), es ebenso gut oder gar besser zu machen. Und als ich einsah, daĂź ich
es anders machte, sah das sonst niemand, zumindest nicht die Familie, ich legte den
Familiennamen ab und beschränkte mich auf den Vornamen.13
7 Gesellschaft fĂĽr Wiener Theaterforschung und Goethe-
Verein (Hg.): Festschrift fĂĽr Eduard
Castle, S. 9.
8 Brief von Eduard Castle an EL. Wien, 27. Oktober 1950. WBR, ZPH 922a.
9 Brief von EL an Franz Brümmer. Wien, 21. Juli 1913. Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer
Kulturbesitz. Handschriftenabteilung. Nachlass BrĂĽmmer, Biographien, Suppl. 1: Lothar, Ernst.
10 Vgl. Brief von EL an Karl Wache. Wien, 21. Mai 1927. Ă–NB, H 23/67, 539/73-2.
11 Na tionalien, Rigorosen- und Promo tionsprotokoll (Sign.: J 13.25 Nr. 376 und M 32.7 Pos. 1024)
der Rechts- und Staatswissenschaft lichen Fakultät. Archiv der Universität Wien.
12 Er wurde zwölf Jahre vor Lothar geboren.
13 Ab 1910 veröffent
lichte Lothar Ernst MĂĽller seine BĂĽcher unter dem Pseudonym Ernst Lothar.
1890 – 1925: Literarische
Nachwuchshoffnung28
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar HeiĂźler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478