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Einen weiteren Gedichtband Lothars namens Die Rast brachte der Piper
Verlag im Jahr 1913 heraus.25 Die Besprechungen fielen groĂźteils positiv aus,
obwohl alle Rezensenten einen Widerspruch zwischen Lothars tatsäch
lichem
Alter und der in den Versen ausgedrückten Reife orteten – manche sprachen gar
von »Schleiern altkluger Weisheit«. Lorbeeren erntete der Autor in der Neuen
Freien Presse, die ihn mit Eduard Mörike in einem Atemzug nannte und beson-
ders das »Österreichische« an seinen Werken betonte.26
Während des gesamten Studiums wohnte Lothar bei seinen Eltern in der
SchwarzenbergstraĂźe im ersten Wiener Gemeindebezirk. Bis zum Abschluss
seines Studiums blieb sein Glaubensbekenntnis auch »mosaisch«, 1914 kon-
vertierte er dann zum Katholizismus.27 Ende Juli 1912 hatte er alle fĂĽr die
AbschlussprĂĽfung notwendigen Lehrveranstaltungen positiv abgeschlossen
(Absolutorium), im März 1913 legte er das juristische, im Juli 1913 das rechts-
historische und im März 1914 das staatswissenschaft liche Rigorosum ab. Am
23. März 1914 promovierte er an der juristischen Fakultät der Universität Wien
zum »Doctor iuris«;28 mit dem 24. April 1914 trat er in den Staats- bzw. Bun-
desdienst ein,29 und zwar zunächst als Schriftführer am Wiener Landesgericht
für Strafsachen, dem wegen der damals grau eingekleideten Häftlinge soge-
nannten »Grauen Haus«.
Nach dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und
seine Frau, die Herzogin von Hohenberg, in Sarajevo und Ă–sterreichs Kriegs-
erklärung an Serbien heiratete Lothar am 10. November 1914 seine Verlobte,
die 22-jährige Fabrikantentochter Mary Helene Sachs des Renaudes, »eine in
London geborene Wienerin, deren Vater Franzose war« 30.
25 EL: Die Rast. Gedichte. MĂĽnchen: Piper & Co. 1913. 84 S.
26 Wiener Abendpost, 8. 1. 1913, S. 2; Die Grenzboten, 3 (1913), S. 186; Das literarische Echo,
1. 1. 1913; Neue Freie Presse, 11. 11. 1923, S. 32 ff., hier S. 32.
27 Warum er sich zu diesem Schritt entschloss, ist nicht bekannt. 1914 meldete er, noch als Rechts-
praktikant, den Austritt aus dem mosaischen Glauben (WStLA, bma01; IKG, 1914/316). Vgl.
Anna L. Staudacher: »… meldet den Austritt aus dem mosaischen Glauben«, S. 417.
28 Rigorosenprotokoll der Rechts- und Staatswissenschaft
lichen Fakultät (Sign.: J 13.25 Nr. 376)
und Promo
tionsprotokoll der Rechts- und Staatswissenschaft
lichen Fakultät (M 32.7 Pos. 1024).
Archiv der Universität Wien.
29 Pensionsakt Ernst Lothar. WBR, ZPH 922a.
30 Marys Vater war Georges Paul Sachs des Renaudes, die Mutter eine gebĂĽrtige Ă–sterreicherin
namens Elise »Lisa« Wärndorfer. Mary wurde am 17. April 1892 in Brompton in der Grafschaft
London geboren.
1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 31
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar HeiĂźler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478