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Doch blieben die Hoffnungen des Kritikers aufgrund der finanziellen Turbulen-
zen der Bühne unerfüllt, das Theater hatte weder den nötigen Zuspruch noch
konnte es die erforder lichen Betriebskosten aufbringen.134 Die letzte Vorstel-
lung des Austrian Theatre fand anläss
lich Auernheimers 65. Geburtstags am
27. April 1941 statt. FĂĽr diese Festvorstellung konnten auch Ernst Deutsch und
Oskar Karlweis gewonnen werden. Gespielt wurden Auernheimers einaktiges
Lustspiel Das ältere Fach sowie Schnitzlers Liebelei, beides unter der Regie Ernst
Lothars. Die einleitende Ansprache hielt Guido Zernatto, der die AuffĂĽhrungen
als ein »Gedenken an Österreich« auffasste.135
Nach diesem Theaterabend war es um die Ă–sterreichische BĂĽhne geschehen,
ihre finanziellen Mittel waren erschöpft. Das lag zum einen daran, dass die eng-
lischsprachigen Zeitungen keinerlei Notiz von ihr nahmen,136 zum anderen aber
war ausschlaggebend, dass es – aufgrund der deutschsprachigen Aufführungen –
bei dem immer gleichen Stammpublikum blieb. Dies waren zumeist Emigranten,
die ĂĽber wenig Geld verfĂĽgten. Trotz niedrig angesetzter Eintrittspreise blieb
ein Theaterbesuch fĂĽr die meisten von ihnen ein Luxus; die Einnahmen eines
Theaterabends beliefen sich fĂĽr Lothar auf circa 30 bis 40 Dollar, 20 Dollar
betrug das Proben- und Auftrittshonorar fĂĽr die Schauspieler.137 Einige der
Darsteller gingen nach Hollywood, andere wollten nicht auf Dauer fĂĽr eine so
kleine Gage arbeiten.138 So musste Ernst Lothar – trotz seines Versuchs, ein
Unternehmen »in Form einer Besucherorganisa
tion« zu schaffen (nichts anderes
war die Gründung der Theatergemeinde)139 – sein Austrian Theatre nach fünf
Produk tionen schlieĂźen.
134 Vgl. Manuskript von Henry Marx über die Österreichische Bühne. – Das Manuskript wird im
»P. Walter Jacob«-Archiv der »Walter A. Berendsohn«-Forschungsstelle für deutsche Exillitera-
tur der Universität Hamburg aufbewahrt, es wurde mit leichten Änderungen in mehreren
Publika tionen abgedruckt, so etwa in John M. Spaleks Werk Deutschsprachige Exilliteratur seit
1933 (S. 1531 f.) und in Frithjof Trapps Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 – 1945
(S. 398).
135 Vgl. New York Times, 28. 4. 1941, S. 10; Aufbau, 18. 4. 1941, S. 11 und 2. 5. 1941, S. 10.
136 In der New York Times findet sich eine AnkĂĽndigung (21. 4. 1941, S. 15) der AuffĂĽhrungen, aber
keine Rezension.
137 Vgl. EL: Das Wunder des Ăśberlebens, S. 158 f.
138 Vgl. Adrienne Gessner: Ich möchte gern was Gutes sagen, S. 131.
139 Thea Kirfel- Lenk, Konstantin Kaiser und Peter Roessler gehen davon aus, dass Lothar diese
Unternehmensgrundlage nicht erwogen hat. Vgl. Thea Kirfel-
Lenk: KĂĽnstlerisches Schaffen
im USA-Exil: Theater, S. 356; Peter Roessler und Konstantin Kaiser (Hg.): Dramaturgie der
Demokratie, S. 26. 1938 – 1946:
Exil164
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar HeiĂźler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478