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Im Theater in der Josefstadt inszenierter er als österreichische Uraufführung
den von Hilde Spiel ĂĽbersetzten Dreiakter Die leichten Herzens sind (The Light of
Heart), dessen Autor Emlyn Williams er Anfang des Jahres in London getroffen
hatte.266 Die Presse äußerte sich über das Schauspiel überwiegend negativ,267 über
die Leistungen der Darsteller und des Regisseurs hingegen enthusiastisch und
sprach von »der schönsten und erfolgreichsten Aufführung der letzten Jahre« 268.
Bei den Salzburger Festspielen führte Lothar anläss
lich Goethes 200. Geburts-
tags bei Clavigo Regie.269 Die Theaterkritiker lobten seine Regieleistung,270 aller-
dings konnte die Aufführung nur wenige ausländische Besucher anlocken, was
sich die Kritik mit der Handlungsarmut des Dramas erklärte. Auch inszenierte
er König Ottokars Glück und Ende in seiner eigenen Bearbeitung aus dem Jahr
1933 am Burgtheater im Ronacher, die Hauptdarsteller waren mit Ewald Balser
und Raoul Aslan dieselben wie 16 Jahre zuvor. Die Theaterkritiker bescheinigten
ihm dramatur
gisches Geschick, ĂĽber seine Textmodifika
tionen wurde kaum ein
Wort verloren.271 Ernst Lothars Einstudierung wurde 55-mal gezeigt und blieb
bis Anfang 1955 auf dem Spielplan,272 im Oktober des Jahres wurde sie von der
nächsten Neuinszenierung durch Adolf Rott abgelöst.
Ende 1949, nach einem kurzen Abstecher in die Schweiz, wo er seinen Bruder
Hans im Krankenhaus besuchte,273 reiste Lothar erneut nach London. Hier hielt
er vor der Salzburg Festival Society einen Vortrag über »Österreichs
266 Vgl. Brief von EL an AG. London, 9. Februar 1949. a. a. O.
267 Volksstimme, 7. 4. 1949; Wiener Zeitung, 7. 4. 1949, S. 3.
268 Die Presse, 9. 4. 1949. Weitere Kritiken: Weltpresse, 2. 4. 1949; Wiener Tageszeitung, Wiener Kurier,
Neues Österreich, Das Kleine Volksblatt, Österreichische Zeitung, Weltpresse – alle vom 7. 4. 1949.
269 Vgl. auch EL: Goethe in unserer Zeit. Gesprochen vor dem Goethe-
Festkonzert bei den
Salzburger Festspielen 1949. Typoskript. WBR, ZPH 922a. Lothar verfasste auch fĂĽr die
Goethe- Nummer der Presse (27. 8. 1949) einen Beitrag, der die Frage zu beantworten sucht,
»wie Goethe heute auf dem Theater zu spielen sei«.
270 Zum Beispiel: Das Kleine Volksblatt, Der Abend, Neues Ă–sterreich und Demokratisches
Volksblatt – alle vom 30. 7. 1949; Die Presse, o. D. [13. 8. 1949]; Der Spiegel, 18. 8. 1949, S. 31;
Wiener Kurier, o. D. [August 1949]; Die Presse, 4. 9. 1949; Unidentifizierte Zeitung [Demo-
kratisches Volksblatt?], 1. 10. 1949.
271 Die Presse, Weltpresse, Ă–sterreichische Tageszeitung, Wiener Zeitung, Neues Ă–sterreich und
Wiener Tageszeitung – alle vom 8. 11. 1949.
272 Diese Einstudierung Lothars erzielte die meisten Wiederholungen aller Ottokar-
Produk
tionen
des Burgtheaters (Hilde Haider- Pregler: »König Ottokars Glück und Ende«, S. 213 f.).
273 Brief von EL an AG. Bern, 29. November 1949. WBR, ZPH 922a. – Es war das letzte Mal,
dass sich die beiden BrĂĽder sahen, Hans verstarb Anfang 1950.
»Literatur-, theater- und Österreich-belastet« 287
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Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar HeiĂźler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478