Page - 290 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Image of the Page - 290 -
Text of the Page - 290 -
nicht in ihre Berechnungen mit einschlossen, dazu zu bringen, jene Zeit, die
er sich in London und der Schweiz aufgehalten hatte, ebenfalls nicht zu der
seines Österreichaufenthalts zu zählen. Diese Art der Rechnung ging aller-
dings nicht auf. Das Foreign Service teilte ihm mit, dass er sich, da er gebĂĽr-
tiger Tschechoslowake sei, fĂĽnf Jahre ununterbrochen in Ă–sterreich aufhalten
könne, bevor er die amerikanische Staatsbürgerschaft verliere, Adrienne als
Ă–sterreicherin hingegen wĂĽrde ihrer bereits nach drei Jahren, sprich 1950, ver-
lustig gehen.289 Lothar und seine Frau schifften sich also am 21. April 1950 auf
der USS America nach New York ein.290 Ăśber diesen knapp zweimonatigen
Abstecher nach Amerika (»To be back is quite an experience. It seems to me
as I had never left – everything so familiar and, yet, strange.« 291) ist nicht sehr
viel bekannt, auĂźer, dass sich Lothar mit dem Regiebuch zum Verschwender
beschäftigte und sich von Doubleday beauftragen ließ, sein neues Buch in
Ă–sterreich zu schreiben. Dieser Wunsch des Verlegers war das Schlupfoch,
auf das Lothar Friedrich Torberg bereits im November 1947 selbst aufmerk-
sam gemacht hatte: Man könne, »eine triftige Ursache vorausgesetzt«, auf
beschränkte Zeit nach Österreich kommen: »Ein Vertrag mit einem Theater,
einem Verleger oder dgl., der eine bestimmte Leistung an Ort und Stelle vor-
sieht, ist eine solche Ursache.« 292 Diesem Auftrag seines US-Verlegers kam
Lothar offiziell vom 23. Oktober 1951 bis zum 31. Dezember 1952 nach.293 Er
gab also nicht 1948, wie mehrfach behauptet,294 seine amerikanische Staats-
bürgerschaft zurück. Er hätte sie überhaupt erst 1952/1953 automatisch ver-
loren, weil Ă–sterreich seit Ende 1947, Anfang 1948 mehr oder weniger ohne
Unterbrechungen sein Hauptwohnsitz war. Sein amerikanischer Pass wurde
Mitte 1954 auf Antrag seines Verlegers Doubleday nochmals um ein halbes
289 Vgl. Brief von Knowlton V. Hicks (The Foreign Service of the United States of America) an
EL. Wien, 19. Januar 1950. WBR, ZPH 922a.
290 Vgl. Gedächtnisnotiz Ernst Lothars vom 21. November 1949, in der er von seiner Abreise am
19. April 1950 spricht. WBR, ZPH 922a.
291 Brief von EL an Heinrich Schnitzler. Newark, New York, 12. Mai 1950. Ă–TM, Nachlass
Heinrich Schnitzler. E 4812 Schn. 33/30/64/1+2.
292 Brief von EL an Friedrich Torberg. [Wien,] 22. November 1947. WBR, ZPH 588.
293 Undatiertes Affidavit der US-Botschaft in Wien bezĂĽg
lich der Wiederannahme der österrei-
chischen StaatsbĂĽrgerschaft. WBR, ZPH 922a.
294 Zum Beispiel: Birgit Scholz: Bausteine österreichischer Identität, S. 371; Adalbert-
Stifter-
Verein (Hg.): Verwehte Spuren, S. 44; Stephen Gallup: Die Geschichte der Salzburger Fest-
spiele, S. 196. 1946 – 1950:
RĂĽckkehr290
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar HeiĂźler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478