Page - 295 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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in der Dauer von fünf Jahren« verurteilt, wird nach dreieinhalb Jahren Haft
im Rahmen eines Amnestieerlasses im Mai 1951 aus dem Gefängnis entlas-
sen. Auf der Suche nach Beweisen fĂĽr eine Wiederaufnahme des Verfahrens
verschlägt es sie nach London, wo sie bereits während des Kriegs für einen
renommierten Frauenarzt gearbeitet hat. Hier gelingt es ihr, den wahren
Schuldigen zu finden.
Lothar bot dem Doubleday-
Verlag zwecks ErfĂĽllung des Vertrags vom Februar
1945 das Manuskript von Verwandlung durch Liebe an. Da es deutsch war und
nur die Zusammenfassung eng lisch, tat sich der Verleger schwer mit einer Ein-
schätzung. Es wurde daher zur Beurteilung an zwei Literaturexperten geschickt.
Die RĂĽckmeldung fiel sehr ungĂĽnstig aus. Die Fachleute empfanden das Buch
und die Charaktere als oberfäch lich. Ihrer Meinung nach schien Lothar nicht
mit dem Herzen bei der Sache gewesen zu sein, die Geschichte wirke lieblos
heruntergeschrieben. Obwohl das deutsche Manuskript nur die Hälfte des in
der Zusammenfassung erklärten Inhalts umfasse und die andere Hälfte nur sehr
kurz in dem Exposé beschrieben werde, reiche beides, um die geistige Armut und
Mittelmäßigkeit des Plots und die Blutleere des Geschriebenen zu bezeugen.
Man merke dem Autor die Anstrengung beim Schreiben an, so als ob er, seines
Verlusts an kreativer und imaginativer literarischer Energie gewärtig, gegen Lust-
losigkeit und hartnäckige Schwierigkeiten, die Romanhandlung voranzutreiben,
ankämpfen müsse. Zumindest auf den ersten 280 Manuskriptseiten sei es ihm
nicht gelungen, aus dem Material ein ĂĽberzeugendes Ganzes zu machen. Eine
Übersetzung wäre zwar einfach, aber nicht empfehlenswert, da der Roman in
der vorliegenden Fassung sowohl jeg lichen Reiz als Geschichte an sich als auch
jeg lichen literarischen Wert vermissen lasse.13
Es war das zweite Angebot, das Lothar dem Verlag unterbreitete, um den
ursprĂĽng lich fĂĽr den Roman The Third Sin abgeschlossenen Vertrag zu erfĂĽl-
len. FĂĽr dieses Romanprojekt hatte er 1800 Dollar Vorschuss bekommen. Da
Doubleday nun auch Verwandlung durch Liebe als Ersatz fĂĽr The Third Sin
ablehnte und den Eindruck gewann, dass Lothar seinen Vertrag nicht erfĂĽl-
len könne, ließ er ihn wissen, dass er, sollte er oder sein Agent Franz Horch
The Shame that is Glory or Changing through Love einem anderen US-Verleger
verkaufen, den Vorschuss bzw. wesent liche Teile davon an den Doubleday-
Verlag zurĂĽckzahlen mĂĽsse.14
13 Brief von Ethel M. Hulse (Doubleday-
Verlag) an Franz Horch. New York, 16. Mai 1951. WBR,
ZPH 922a.
14 Ebd.
»Amerikanischer Söldling«? 295
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar HeiĂźler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478