Page - 353 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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Josefstadt, acht Jahren freiberuf icher Tätigkeit als Schriftsteller und Dozent in
den USA, seiner erneuten Arbeit als Gastregisseur am Burgtheater in den Jah-
ren 1946 bis 1952 sowie bei den Salzburger Festspielen 1952 bis 1959 und neun
Jahren als Oberspielleiter des Wiener Burgtheaters ging Lothar 1962 in Pension.
Für die Zeit, die er im Ausland gelebt hatte bzw. in Österreich nicht versichert
gewesen war, wurden ihm eineinhalb Jahre lang monat lich 400 Schilling aus-
gezahlt, für seine Arbeit am Burgtheater ab Mitte der 1950er Jahre bekam er
eine Pension von 9156 Schilling brutto.108 Anfang 1963 hatte Lothar darüber
hinaus vom Fonds zur Abgeltung von Vermögensverlusten politisch Verfolgter
eine »Zuwendung« von 130.170 Schilling für die ihm von der Gestapo beschlag-
nahmten Wertpapiere zugesprochen bekommen.109
Lothar war nun zwar laut Bundestheaterverwaltung in den dauernden Ruhe-
stand versetzt worden und hatte mit der Zürcher Aufführung des Unbestech-
lichen seine letzte Regiearbeit vorgelegt, dennoch wechselte er sofort nahtlos
in eine wieder mit dem Theater verbundene Tätigkeit, die er bereits fast vierzig
Jahre zuvor ausgeübt hatte: Er wurde erneut Theaterkritiker, kehrte von der
Bühne in den Zuschauerraum zurück. Nachdem sich sein Wunsch, für die
Presse zu arbeiten, nicht erfüllt hatte,110 nahm er ein Angebot der Tageszeitung
Express an. Diese Wiener Boulevardzeitung war 1958 von Fritz Molden und
Gerd Bacher gegründet worden, Letzterer war Chefredakteur des Blatts, das
zunächst parteiunabhängig war, ab 1961 dann der SPÖ (»Vorwärts«-Verlag)
gehörte. Die Redakteure des Express hatten zuvor für den Bildtelegraf und die
1958 eingestellte Weltpresse gearbeitet.111 Der bisherige erste Theaterkritiker
des Express, Paul Blaha, war aus der Kulturredak tion, zu der Karl Löbl, Franz
Tassié, Gertrude Obzyna und Gerald Geyser gehörten, ausgeschieden. Nun
übernahm mit 1. Januar 1963 Ernst Lothar seine Posi tion und berichtete über
die wichtigsten Premieren in Wien.
Die Express- Redak tion war zufrieden mit seiner Arbeit, laut Kulturchef-
redakteur Löbl stieg die Aufage, seitdem Lothar für das Blatt schrieb, was Lothar
zwar freute, gleichzeitig aber Bedenken bei ihm hervorrief: »Da der ›Express‹ so
108 Vgl. Pensionsakt Ernst Lothar. WBR, ZPH 922a.
109 Vgl. Teilbeschluß des Fonds zur Abgeltung von Vermögensverlusten politisch Verfolgter. Kopie,
30. 1. 1963. WBR, ZPH 922a.
110 Vgl. Brief von Fritz P. Molden an EL. o. O., 18. Juli 1961. WBR, ZPH 588/22, Mappe 14. – Dieser
Brief Moldens findet sich als Kopie in Torbergs Nachlass; Molden hatte seinem ehemaligen
Redakteur offenbar einen Durchschlag seines Absageschreibens an Lothar zukommen lassen.
111 Vgl. Kurt Paupié: Handbuch der österreichischen Pressegeschichte. 1848 – 1959. Bd. 2, S. 196 f.
Ehrungsreigen 353
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar Heißler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478