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genannten Inszenierungen – nach seiner Emigra tion (1938 – 46) ein markanter
Einschnitt in der Rezep tion feststellen: Die Kritiken zu seinen Inszenierungen
in den 1930er Jahren waren im Gegensatz zu jenen ab Mitte der 1940er Jahre (bei
seinen Regiearbeiten sei »alles mehr oder minder in Ordnung und weit entfernt
von einem perfekten Ganzen« 14; er sei »ein Großer unter den Kleinmeistern« 15)
durchgängig positiv, auch seine Leistungen als Direktor des Theaters in der
Josefstadt waren unbestritten.
Dass Lothar Anfang der 1930er Jahre mit seiner Kandidatur als Burgtheater-
direktor scheiterte, kann man auf seine fehlende Erfahrung in Theaterbelangen
zurĂĽckfĂĽhren. Das erneute Scheitern einer Direk
tion Ernst Lothar in den 1950er
Jahren lässt sich damit aber nicht mehr erklären. Die Gründe mögen unter ande-
rem in der veränderten politischen Situa
tion und in persön
lichen Animositäten
zu suchen sein. Ernst Lothar, der bei der Entnazifizierung mitgearbeitet hat und
daher die »Schuld- Unschuld«-Thematik in ihrer konkreten historischen Rele-
vanz erkannte, war »trotz seiner enthusiastischen Österreich-
Verbundenheit, die
zweifellos nicht ihre sentimentalen Züge verleugnen kann«, nicht einfach bereit,
zu vergessen.16 Wenn Elisabeth Freund lich noch positiv vermerkt, dass Ernst
Lothar, der für sie den »Typ des Beschwichtigungshofrats der alten Monar
chie«
verkörpert, durch seine Vertreibung, Emigra
tion und Exilerfahrungen »erfreu-
lich militant« 17 geworden sei, so scheint ihm dies im Österreich der Nachkriegs-
jahre ansonsten nicht sehr viele Freunde eingebracht zu haben. Noch 1988 fin-
det sich beispielsweise in einem Band des Clemens- Krauss- Archivs folgende
Einschätzung der Person Lothars in Zusammenhang mit seiner Funk
tion als
für Entnazifizierungsfragen zuständiger Theatre and Music Officer: Anfang der
1950er Jahre habe »Ernst Lothar seine Rolle als amerikanischer Politmoralist
aufgegeben und war wieder zu seinem wahren Beruf zurückgekehrt. Als öster-
reichischer Regisseur mußte er Toleranz üben. […] Der amerikanische Ernst
Lothar hat aber nicht nur Ärger gemacht. Er trug auch zur Erheiterung bei.« 18
Selbst Ende der 1980er Jahre wurde ihm also sein politisches Engagement im
Dienste der Amerikaner und der Entnazifizierung auf unsach liche Weise zum
Vorwurf gemacht.
14 Illustrierte Kronen- Zeitung, 24. 12. 1959.
15 Forum, 57 (1958), S. 335.
16 Karl MĂĽller: MuĂź Odysseus wieder reisen?, S. 278.
17 Elisabeth Freund lich: Der makabere Scherz einer Wiener Dichterehrung. In: Die Gemeinde,
30. 2. 1962.
18 Clemens Krauss- Archiv Wien (Hg.): Der Prinzipal. Clemens Krauss, S. 18.
Schluss 375
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar HeiĂźler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478