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1. Einleitung
Im umfangreichen Nachlass von J. William Fulbright an der University of Arkan-
sas in Fayetteville findet sich in einer Mappe mit Dankesschreiben auch folgender,
mit Hand verfasster Brief aus der Währinger Straße in Wien:
„My dear Senator Fulbright – When the Christmas-bells will be ringing
from the Stephans-Dom and when all our new Austrian friends will be
saying: ‚Fröhliche Weihnachten‘ – I shall be thinking of you who made it
possible that we are having all these experiences here. Let me thank you
personally for this opportunity to spend an academic year in Vienna. The
town is beautiful and an ideal place for an historian. We have discovered
new material in the Haus- Hof- and Staatsarchives, and the whole staff has
been most generous in its assistance. We really believe that we have helped
towards international understanding and friendship. And we have come
to understand the Austrian problem so much better. We shall never forget
Vienna.“1
Margaret H. Sterne, geboren 1902 in Frankfurt/Main und 1925 emigriert in die
USA, dort Assistant Professor für Geschichte an der Wayne University in Detroit,
Michigan, weilte bei Abfassung dieser Zeilen im Dezember 1952 mit einem soge-
nannten Fulbright Grant in Wien. Dabei schrieb sie nicht nur zahlreiche Briefe,
wie man ihrem Personalakt im Archiv der Wiener Fulbright Commission entneh-
men kann: Sie forschte auch intensiv zu „Austro-Prussian Relations in 1865“ und
„diplomatic reports of the 20th century“ und hielt rund 40 Vorträge in Deutschland
und Österreich, etwa über Detroit, die „Stadt der rollenden Räder“, über die in
Zeitungen und Radio berichtet wurde. Die Begeisterung der Historikerin über ihr
Gastjahr in Österreich wurde noch nicht einmal durch einen Autounfall und eine
dabei erlittene Gehirnerschütterung getrübt.2
Der Absatz aus Sternes Korrespondenz bringt ziemlich genau auf den Punkt,
worin der unbestreitbare Wert jenes Austauschprogramms lag, das die US-Regie-
rung in der frühen Phase des Kalten Krieges unter Anleitung Fulbrights, einem
jungen, ehrgeizigen Senator aus den Südstaaten, entwickelt und institutionalisiert
hatte. Man beachte nur, wie Sterne von den Fortschritten in ihrer wissenschaft-
lichen Forschung berichtet, um dann gleich ihren ganz persönlichen Beitrag zur
kulturellen Völkerverständigung zu betonen. Das war kein Zufall: Das Fulbright
Program zielte gerade darauf ab, diese scheinbar so verschiedenen Dinge – Wissen-
schaft und Diplomatie – in der Person jedes einzelnen Grantees zu amalgamieren.
War auch die Idee des Programms, der temporäre Austausch von Wissenschaft-
lerInnen, Studierenden und Lehrkräften zwischen zwei Ländern, nicht unbedingt
neu – die Dimensionen dieser „high-minded operation“ (Dizard 2004, 149) waren
es schon. Das Fulbright Program, das „flagship of U.S. cultural diplomacy“ (Arndt
2005, 429), war ein politisch kraftvolles Projekt einer aufstrebenden Weltmacht,
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117