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56 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen
Repräsentation und Wissenstransfer
Dass die wissenschaftlichen Gäste einen gewissen Einfluss auf die Wissenschafts-
kultur eines anderen Landes ausüben sollten, war (und ist) der wesentliche Unter-
schied gegenüber dem Austausch von Studierenden und LehrerInnen. Im Rahmen
des Fulbright Program sollte der LehrerInnenaustausch vor allem die in den Schul-
klassen vorherrschende Konzentration auf britisches Englisch als Unterrichsfach
brechen bzw. Deutsch als Fremdsprache an amerikanische Highschools bringen.
Der Studierendenaustausch, der auf die zukünftige Elite des jeweiligen Landes
zielte, sollte die bilateralen Bande zwischen den beiden Ländern auf kultureller
Ebene langfristig vertiefen. Während die österreichischen Studierenden vor allem
einen Eindruck von der demokratischen Gesellschaft der USA bekommen und
amerikanische Wissenschaftspraxis lernen sollten, waren die amerikanischen Stu-
dierenden als kulturelle Missionäre unterwegs, die einen Frontstaat des Kalten
Krieges erleben durften.1
Der WissenschaftlerInnenaustausch, insbesondere für die amerikanischen
Research Scholars und Visiting Lecturers, kombinierte Elemente aus den beiden
anderen Austauschverhältnissen und fügte ihnen noch das spezifische Amalgam
von Wissenschaftstransfer und Kulturdiplomatie hinzu. Margaret Sterne, die wir
im ersten Kapitel kennengelernt haben, war nur eine von insgesamt mehr als
150 hoch qualifizierten WissenschaftlerInnen, die im Untersuchungszeitraum
für durchschnittlich zehn Monate an einer österreichischen Hochschule platziert
waren und von dort aus ihre vielfältigen Aktivitäten in Angriff nahmen.
Die wissenschaftlichen Gäste aus den USA waren sich im Klaren über ihren
kulturdiplomatischen Auftrag und die Schwierigkeiten, denen sie dabei an öster-
reichischen Hochschulen begegneten. So schrieb einer der Grantees in seinem
Endbericht:
„It is, in a sense, a bit of pioneering work with the problems confronting the
‚pioneer‘ being somewhat accentuated by the very age and tradition of the
institution itself – which, thus, make innovations somewhat more difficult
than, let us say, in a new American college or university.“2
Für die 1950er Jahre sind zwei Arten von Förderungen des internationalen Aus-
tauschs von WissenschaftlerInnen festzustellen.3 Schon seit den 1920er Jahren
hatten sich amerikanische Stiftungen (Foundations) um den Austausch von Wis-
senschaftlerInnen bemüht und diese Tätigkeit nach 1945 wieder aufgenommen.
Christian Fleck sieht dabei in der Tätigkeit der Rockefeller Foundation einen maß-
geblichen Beitrag zu den „transatlantischen Bereicherungen“ etwa im Bereich der
Sozialwissenschaften. (Fleck 2007, 71ff) Die Stipendien der Foundations waren
großzügig ausgestattet, erlaubten langfristige Aufenthalte im Gastland (meistens
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117