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6. Beschränkte Wirkung:
Social Sciences und American Studies
Der „promotional enthusiasm“ (Mettauer 2006, 298), den wir vonseiten der ame-
rikanischen Stellen in Bezug auf Social Sciences und American Studies bereits
kennengelernt haben, lag sicher in dem Wunsch begründet, ein Land mit Grenze
zur sowjetischen Einflusszone mit der (neuen) Weltmacht USA besser vertraut zu
machen und dabei langfristig wertvolle Bande zu knüpfen. Dass sich insbesondere
Studierende und WissenschaftlerInnen aus den Humanwissenschaften (als breiter
Sammelbegriff für Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften) für die Ziele des
Austauschprogramms eignen würden, war nach einer Weile auch den Vertretern
des Kooperationslandes klar. Auch sie erwarteten sich von österreichischen Gran-
tees, die in die USA geschickt wurden, einen kulturdiplomatischen Mehrwert.
Anton Porhansl schrieb im Bericht anlässlich seines USA-Aufenthalts:
„[…] I feel that scholars and students in the humanities such as history,
language, literature etc., are more likely to use the time of their stay in the
United States for the broadening of mutual understanding in addition to
doing their specific studies or research.“1
Vergleichen wir jedoch österreichische und amerikanische Grantees, wird deut-
lich, dass dieses Ziel bei den amerikanischen Gästen besser umgesetzt wurde (siehe
auch Darstellungen 17 und 18): 61 von 161 österreichischen Grantees gehörten
dem übergeordneten Bereich der Humanwissenschaften an (also knapp 38 Pro-
zent). Demgegenüber kamen 116 der 155 US-Grantees aus diesem Bereich (bei-
nahe 75 Prozent). Davon wiederum war, wie wir bereits vorne gesehen haben, im
Segment der US-Visiting Lecturers der Großteil den Bereichen Social Sciences und
American Studies zugeordnet.
Was waren die Gründe für diese ungleiche Verteilung? Zunächst sicherlich,
dass die amerikanischen Stellen bei den amerikanischen Grantees gleich zu Beginn
eine Fokussierung auf die Bereiche Social Sciences und American Studies vorneh-
men ließen; damit waren die auszuschreibenden Projekte von Beginn an eindeu-
tig zugewiesen. Eine Rolle gespielt haben könnte auch, dass das Reservoir an ent-
sprechenden Fachkräften in den USA einfach größer war, weshalb sich mehr und
besser qualifizierte WissenschaftlerInnen um einen Fulbright Grant in Österreich
bewarben. In seinem Report nennt Porhansl freilich noch einen weiteren Grund:
„While qualified foreign scholars in the fields of science and engineering
are always welcomed by American universities and are able to establish a
remunerative affiliation, students and scholars in the field of the humanities
find insurmountable difficulties in their efforts to establish an institutional
affiliation and dollar support at an American university or college.“2
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117