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82 Dass der „firm stand“ von amerikanischer Seite höchstwahrscheinlich goutiert
wurde,44 dass es also in den USA einen unsensiblen Umgang mit der Frage der
temporären Rückkehr der meist aus dem deutschsprachigen bzw. umliegen-
den Raum vertriebenen BewerberInnen gab, liegt auf der Hand.45 Aber auch im
Fall der Kommission in Wien kann kaum von einer erhöhten Sensibilität in der
Angelegenheit gesprochen werden. Wie weit ihr aktives Balancieren aus einem
gewissen Übereifer resultierte und wie weit hier auch tiefer liegende Ressenti-
ments der österreichischen Kommissionsmitglieder zum Ausdruck kamen, lässt
sich aus den Dokumenten nicht rekonstruieren. Jedenfalls brachte sich die Kom-
mission aktiv in die Ausgestaltung des Auswahl- und Platzierungsvorgangs ein.
Sie behielt sich vor, über den Anteil der temporären RemigrantInnen pro Jahr zu
entscheiden.
Der Platzierungsvorgang
Nach wenigen Jahren wurde den 14 ins Programm einbezogenen Hochschul-
einrichtungen die Möglichkeit eingeräumt, nicht nur Projekte für das US-Visi-
ting Lecturer-Programm vorzuschlagen, sondern auch dafür geeignete Personen
anzugeben. Diese Vorschläge waren zwar in keiner Weise verbindlich. Bei den
involvierten Professorenkollegien wurde dadurch aber zumindest der Eindruck
erweckt, dass die Mitwirkung an inhaltlicher und personeller Besetzung eines Ful-
bright-Jahresprogramms möglich war. Diese Form der Einbindung war wichtig,
weil – wie gesehen – die Professorenkollegien im Zuge der Platzierung eines für
den Gastaufenthalt vorgesehenen amerikanischen Gastprofessors letztlich darüber
entschieden, ob dem Ansuchen stattgegeben würde.
Das Angebot stellte ein neues Handlungsfeld für die Hochschulprofessoren dar.
So war auch an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universi-
tät Wien eine Gruppe interessiert daran, das Programm für eigene Interessen zu
nutzen. Trotzdem war diese Fakultät an sich ein schwieriger Ort für die Platzie-
rung von US-Visiting Lecturers, insbesondere weil hier vor allem (aber nicht aus-
schließlich) die heiklen Social Sciences unterzubringen waren.
Für das Programmjahr 1958/59 wurde ein Projekt „Sociology“ vorgeschlagen
und dazu im Program Proposal festgehalten:
„[…] At a conference of sociologists at Rome in 1956, Prof. Leland P. Brad-
ford of the National Training Laboratories, National Educational Associa-
tion, Washington, D.
C., promised Prof. Knoll to advise him regarding pos-
sible candidates for this opening. Therefore, no name request was submitted
by the University of Vienna. Prof. Knoll is prepared to accept any American
scholar recommended by Prof. Bradford.“46
Der weitere Auswahl- und Besetzungsvorgang bei diesem Projekt veranschau-
licht gut, wie die involvierten Institutionen in Wien ihre jeweilige Stellung für eine
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117