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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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38 Die Jagd nach Sensationen · Pioniere der Pressefotografie des Sports seine Aufmerksamkeit widmet, ebenso die Erzherzöge Otto und Franz Salvator fahren mit voll- endeter Eleganz und Geschicklichkeit auf schmucken Voituren. Diese Thatsache scheint erst recht geeignet, dem Automobil einen ersten Platz zu sichern.“2 Massenkultur und Krise der traditionellen Fotografie Bis zur Jahrhundertwende ist das Nebeneinander von Ateliertätigkeit und fotografischer Zuarbeit für die Presse durchaus typisch für das Berufsprofil der „Illustrationsphotographen“. Nicht nur Porträts, die in der illustrierten Presse erscheinen, werden wei- terhin zum Großteil von den traditionell arbeitenden Berufsfotografen geliefert, auch öffentliche Ereignis- se, politische, geistliche, kulturelle und militärische Festlichkeiten, Bauwerke, Landschaften, Katastro- phen, Unglücksfälle und andere Sensationen werden von diesen „Allroundern“ dokumentiert. Nach und nach aber differenziert sich das Berufsbild aus, all- mählich entsteht ein eigener Arbeitsbereich, jener der Pressefotografie. Diese Entwicklung verläuft nicht konfliktfrei. Und sie sollte weitreichende kulturelle Folgen haben. Der beispiellose Prozess der Vervielfäl- tigung fotografischer Bilder in den Medien, der in den 1890er Jahren einsetzt, die rasante Ausweitung und Ausdifferenzierung des fotografischen Geschäfts, die Verlagerung der Fotografie vom Atelier ins Freie, das Entstehen einer Knipser- und Amateurfotografenbe- wegung, all das führt zu einer folgenreichen Erschüt- terung der traditionellen Formen des Fotografierens. Plötzlich gerät das Modell der herkömmlichen Ate- lierfotografie, das jahrzehntelang stilbildend gewesen war, in eine Krise. Der Angriff kommt von zwei Sei- ten, von der Popularisierung der Fotografie und von ihrer massenmedialen Vervielfältigung, konkret: von der Knipser- bzw. Amateurfotografenbewegung und von der Pressefotografie. Die Knipserfotografie, die etwa zeitgleich mit der Pressefotografie in der Öffent- lichkeit auftritt, nämlich in den 1890er Jahren, und hier nicht näher behandelt werden kann3, bewirkt, dass Fotografie nicht mehr an das professionelle Spe- zialistentum des Atelierfotografen gebunden ist. Seit das Bedienen der Kamera einfacher geworden ist und die Entwicklung der Filme industriell erledigt wird, kann jeder fotografieren. Das Atelier erhält also Kon- kurrenz von der immer breiter werdenden Schar von Autodidakten. Aber auch die Pressefotografie fordert die Atelier- fotografie heraus. An die Stelle sorgfältiger Inszenie- rungen im Studio treten nun Schnappschüsse auf der Bühne des öffentlichen Lebens. Pressefotografen ar- beiten ganz anders als Studiofotografen. Ihre Tugen- den sind Schnelligkeit, Wendigkeit und Treffsicher- heit und nicht das bedächtige Einrichten der Szene. Der Pressefotograf sucht den Augenblick, nicht das Andauernde und Unvergängliche. Aufwendige Nach- bearbeitung der Bilder, Retusche und Beschneidung der Bilder sind seine Sache nicht, denn Geschwin- digkeit ist alles. Je früher die Bilder in der Redaktion sind, desto größer sind die Chancen, dass sie veröf- fentlicht werden. Die Popularisierung der Fotografie (Knipser und Amateure) und die massenhafte Vervielfältigung der Bilder in der Presse schränken die Zuständigkeits- bereiche der herkömmlichen Atelierfotografie massiv ein. Diese gerät in die Defensive. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn sich gegen diese Tendenzen, die Fotografie als Massenkultur zu etablieren, auch Widerstände regen. Um 1900 tauchen neue Gegen- bewegungen gegen die „Masse“ der durchschnittli- chen Bilder auf. Einige Atelierfotografen beginnen, Abb. 3  Der  österreichische  Thronfolger  Franz  Ferdinand  und  seine  Frau  Sophie  auf  einem  Daimler-Automobil.  Das interessante Blatt,  6.  März  1902,  S.  6.  Foto:  Anton  Huber.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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