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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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210 Erzählende Bilder · Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit Die Veränderungen und Umschichtungen in der Bildpresse nach dem Ersten Weltkrieg haben auch Auswirkungen auf die Arbeitsweise der Fotografen. Um 1930 kommt es innerhalb der Bildjournalisten zu einer personellen Erneuerung und zu einer inhalt- lichen und ästhetischen Neuausrichtung. Die Jahre der Nachkriegszeit, die von Kontinuität und ästhe- tischem Beharren gekennzeichnet sind, gehen nun ihrem Ende entgegen.27 Die Generation von Pressefo- tografen, die unmittelbar nach dem Krieg tätig waren, wird nun allmählich abgelöst. Viele von ihnen haben schon vor 1914 oder während des Krieges als Kriegs- fotografen gearbeitet. Zu ihnen zählen Carl Seebald, Heinrich Schuhmann sen., Heinrich Schuhmann jun., Charles Scolik jun. und Josef Perscheid. Sie arbeiten in den Jahren nach 1918 weiter. Allerdings tauchen nun auch jüngere Fotografen auf, die ihre Karriere erst nach dem Krieg beginnen, etwa Richard Hauffe, Hugo Oppolzer, Leo Ernst, Fred Cesˇanek, Albert Hil- scher, Karl Schleich und der Sportfotograf Lothar Rü- belt, der ab Ende der 1920er Jahre immer öfter auch tagespolitische Ereignisse dokumentiert. Ab Mitte der 1920er Jahre tritt eine neue Gene- ration von Fotografen an, die teilweise anders arbei- ten als ihre älteren Kollegen. Neben Einzelbildern liefern sie immer wieder auch Reportagen. Zu ih- nen gehören – neben Lothar Rübelt – Max Fenichel, Steffi Schaffelhofer, Hans Casparius, Karl Schleich, Lena Schur, Ernst Kleinberg, Walter Henisch. Edith Suschitzky, Hans Roth, Karl Schöpl, Marianne Ber- gler und Annie Schulz. Auch Otto Skall, der, 1884 geboren, seine Tätigkeit als Pressefotograf um 1925 aufnimmt, liefert außer Theateraufnahmen sehr gute Fotoreportagen. Nicht alle Reportagefotografen der Zwischenkriegszeit sind professionelle Pressefotogra- fen, einige, etwa Frank Sykora, Hans Roth oder Ernst Kassowitz, sind Amateure und fotografieren nur ge- legentlich für die Zeitung. Auch Hans Ewald Heller, ab 1932 Chefredakteur der Wiener Bilder, fotografiert nur nebenbei. Er ist ein Verfechter der modernen Re- portage und liefert selbst immer wieder gute Fotore- portagen zu Alltagsthemen. Wieder andere, wie etwa Herbert Tichy, Harald Lechenperg oder Alice Schalek, geb. 1874, spezialisieren sich ab Mitte der 1930er Jah- re auf Reisereportagen aus fernen Ländern. Die gelungensten Fotoreportagen dieser Jahre haben nicht große politische Ereignisse oder die Ta- gespolitik zum Thema, sondern stellen mehr oder we- niger aktuelle Alltagsthemen auf neue, überraschen- de Weise in Bildergeschichten vor. Lena Schur etwa berichtet über die ersten Minuten im Leben eines Ba- bys, Max Fenichel über ein Wiener Gefängnis, Hans Roth über den Besuch im Wachsfigurenkabinett, Steffi Schaffelhofer über Frauen hinter Klostermauern, Frank Sykora über Bettler in Wien, Annie Schulz über den Alltag im Wiener Fundamt und zusammen mit Marianne Blumberger (verh. Bergler) über die Fas- zination der Puppen oder über Frauenhände, Robert Haas über Kinderarmut in der Vorstadt. Die  Fotoreportage  setzt  sich  durch Wichtige Impulse für die Entwicklung der Foto- reportage gehen um 1930 von Magazinen wie der Bühne oder dem Wiener Magazin und nach 1934 vom Sonntag, der wöchentlichen Beilage zur Tageszeitung Der Wiener Tag, aus.28 Diese Medien experimentieren regelmäßig mit erzählerischen Formen der Fotografie. Im August 1929 erscheint beispielsweise in der Bühne eine Bildseite von Karl Schleich zum Motorradren- nen in der Wiener Krieau.29 Bei diesem Prototyp ei- ner modernen Reportage ist der Text bereits fast ganz zurückgedrängt. Eine Überblicksaufnahme verschafft eine erste Orientierung, Augenblicksbilder und he- rausgezoomte Großaufnahmen der Sieger führen in das Thema hinein. Grafisch sehr viel einfacher um- gesetzt ist eine Fotoreportage von Annie Schulz über den Wiener Naschmarkt, die im November 1930 auf einer Doppelseite der Bühne erscheint (Abb.  10). Die kurze, recht statisch gestaltete Bildgeschichte hebt sich deutlich vom informierenden Gebrauch der Foto- grafie ab. Sie will die Alltagsstimmung einfangen und die Atmosphäre des Marktgeschehens vermitteln. Auch Zeitschriftenneugründungen wie etwa der seit 1929 in Innsbruck erscheinende Welt-Guck setzen schon früh auf die Fotoreportage als moderne Erzähl- form. Bereits kurz nach der Gründung erscheinen in dieser Zeitung die ersten Fotoreportagen. Zunächst sind es noch Bildgeschichten, die aus Bildern unter- schiedlicher Fotografen zusammengesetzt sind.30 Ab
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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