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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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262 Politische Bilder · Die Kultur der Arbeiterfotografie Elemente – finden sich in der deutschen Arbeiter-Il- lustrierten Zeitung. Dort werden seit 1929 regelmäßig Texte in Gedichtform publiziert, die inhaltlich subtil mit einer beigefügten Fotografie verschränkt sind. Diese „Montagen“ stammen von unterschiedlichen Autoren, u. a. von Erich Weinert, Gertrud Ring und (unter verschiedensten Pseudonymen) vor allem von Kurt Tucholsky. Der Kuckuck nimmt Anfang der 1930er Jahre diese Form auf. Einige der besten „Bild- gedichte“ stammen von Jura Soyfer, der auf dialek- tisch-witzige Weise aus der Beziehung zwischen Bild und Text Funken schlägt. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten in Deutschland nimmt er in einem Bildgedicht im Kuckuck auf bissige Weise die Mas- senbegeisterung für Hitler aufs Korn (Abb.  17).43 In den letzten Zeilen dieses Textes prophezeit er: „Blutige Jahre werden vergehen, / Dann wirst du alles verste- hen.“44 Im Februar 1934 verliert die politisch engagierte Arbeiterfotografie mit einem Schlag ihre – ohnehin begrenzten – Veröffentlichungsmöglichkeiten. Alle sozialdemokratischen Zeitungen und Publikationen werden verboten. Diktatur und Zensur verhindern, dass kritische Fotos in der Presse gedruckt werden. Doch ganz am Ende ist die österreichische Arbeiter- fotografiebewegung noch nicht. Edith Suschitzky etwa, die sich nach ihrer Heirat 1933 Tudor-Hart nennt, geht 1934 nach London, wo sie weiterhin als politische Aktivistin und Fotografin im Umfeld der englischen kommunistischen Partei tätig ist.45 Aber auch in Österreich selbst gibt es, anders als bisher angenommen, nach 1934 noch vereinzelte Aktivitä- ten der Arbeiterfotografen. Einige jener Fotogruppen, die sich bereits zuvor von politischen Themen und Motiven ferngehalten haben, können auch danach in eingeschränkter Form weiterarbeiten. Im Schutz der Volkshochschulen, die sich mit dem neuen austrofa- schistischen Regime vorsichtig arrangieren, sind die „Photographischen Fachgruppen“ bis zum Jahr 1938 tätig. Vor allem in der Volkshochschule Ottakring werden weiterhin Kurse, Ausflüge und sogar Foto- ausstellungen organisiert. Auch der Kreis der Lehrer ändert sich kaum. Noch im Februar 1935 berichtet das Mitteilungsblatt der Volkshochschule stolz über den Ausbau der Arbeitsmöglichkeiten: „Es ist der Photographischen Fachgruppe gelungen, die Zahl der Dunkelkammern von fünf auf neun zu erhöhen.“46 Die von Beginn an politikferne, „schöngeistige“ Ausrichtung der Volkshochschul-Fotoamateure ist es, die ihnen in der Diktatur das organisatorische Überleben sichert. Wenn man die Ausstellungen der Ottakringer Arbeiterfotografen nach 1934 überblickt, wird deutlich, dass sie sich in ihren Bildern immer mehr dem konservativen Mainstream der Amateur- fotografie annähern. Dieser tendiert in den 1930er Jahren deutlich in Richtung Heimatfotografie mit idyllischen Landschaften und entrückten Genresze- nen – ein Bildprogramm, von dem sich der Kuckuck möglichst ferngehalten hat. Abb.  17  „Heil  Hitler!“.  Bild- gedicht  von  Jura  Soyfer.  Der Kuckuck,  23.  April  1933,  S.  14.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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