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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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361Kritiker der Avantgarde modernen Photographie“ lustig (Abb.    16). Zu sehen ist zweimal haargenau dieselbe Szene, einmal auf- genommen aus der „Draufsicht“, einmal aus der „Druntersicht“. Die moderne Fotografie, so wird hier augenzwinkernd argumentiert, trage nicht viel zur Darstellung der Wirklichkeit bei, sondern produziere lediglich billige Effekte. Die Zeichnung thematisiert einen Konflikt innerhalb der Fotografie, der zu die- sem Zeitpunkt schon weitgehend entschieden ist. Die Gruppe der modernen, der Avantgarde gegen- über offenen Fotografen bildet um 1930 ohnehin nur eine kleine Minderheit innerhalb der österreichischen Fotografie. Und sie sind in der Regel keine radikalen Vertreter der Avantgarde. Das in der Karikatur bloß- gestellte Markenzeichen, die Vogelperspektive bzw. Draufsicht, wird in der modernen österreichischen Fotografie sehr zurückhaltend eingesetzt (Abb.  17). Der weitaus größte Teil der österreichischen Foto- grafen hält in diesen Jahren gebührenden Abstand zur Avantgardebewegung. Sie bleiben der Tradition treu und öffnen sich nur vorsichtig den modernen in- ternationalen Tendenzen. Dies betrifft die herkömm- lich arbeitenden Berufsfotografen nicht weniger als die Amateure, von denen der Großteil an der über- kommenen Formsprache festhält. Ihr Sprachrohr sind die diversen Fachzeitschriften und Jahrbücher, deren Redaktionen in der Zwischenkriegszeit fest in kon- servativer Hand sind. Aus dieser Ecke ist besonders heftige Kritik gegenüber den neuen Strömungen der Fotografie zu vernehmen. Einer der Wortführer des publizistischen Kreuzzu- ges gegen die Avantgardefotografie ist der Grazer Ma- ximilian Ritter von Karnitschnigg. Der 1872 geborene Fotograf muss zeitlebens nie von der Lichtbildnerei leben. Er ist ein klassischer Amateur, seine berufliche Karriere führt ihn zuerst zum Militär, später wird er Beamter im steiermärkischen Landesdienst in Graz.32 Finanziell gut abgesichert, leistet er sich die künstle- rische Fotografie als Freizeitbeschäftigung. Ende der 1920er und in den 1930er Jahren gehört er zu den in- ternational am meisten ausgestellten österreichischen Fotografen. Karnitschnigg ist einer der vehementes- ten Kritiker der Ausstellung „Film und Foto“. 1931 wettert er unter dem bezeichnenden Titel „Modische Sachlichkeit“ gegen die neuen Tendenzen in der Fo- tografie. Er kritisiert die „Exzesse im neuzeitlichen Sinne“ und verwahrt sich gegen die „Verlockungen extremer Sachlichkeit“.33 Offen nimmt er gegen die Ausstellung „Film und Foto“ Stellung: „Daß die Wanderausstellung ‚Film und Photo‘ fast durchwegs Propagandamaterial äußersten Modernismus bringt, ist wohl begreiflich, daß aber viele Amateure, deren innere Einstellung eigentlich dezidiert konservativ ist, einem gewissen Snobismus nachgebend, auch diese Mode mitmachen zu müssen glauben, ist be- dauerlich.“34 Nicht ganz dem Zufall geschuldet dürfte es sein, dass Karnitschnigg in diesem Rundumschlag den Begriff „Foto“, der im Titel der FiFo vorkommt, Abb.  16  „Die  neue  Auffassung  der  modernen  Photographie“.  Karikatur,  die  sich  über  die  Stilmittel  der  Avantgarde  lustig  macht.  MOCCA,  Nr.  1,  Januar  1933,  S.  55. 
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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