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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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370 Landschaft, Berge, Brauchtum · Heimatfotografie in den 1930er Jahren (Fremdenverkehr) mit der Propaganda nach innen verbindet. Besonders gefragt sind nun Landschaften und ländliche Motive, idyllische Genredarstellungen, Land und Leute, Hochgebirge, Brauchtum und Traditi- on. Aber auch auf die katholische Ideologie greift die Regierung immer wieder gerne zurück. Bei offiziellen Anlässen werden die christlichen Symbole als fester Bestandteil des österreichischen Selbstverständnisses ausgestellt (Abb.  8). Im Juni 1933, wenige Monate nachdem Kanzler Dollfuß seinen autoritären Regierungskurs einge- schlagen hat, findet in Wien die Ausstellung „Ös- terreichs Bundesländer im Lichtbilde“ statt. Sie hat sich, so heißt es im Vorwort zum Katalog, vorgenom- men, „Fremden und Einheimischen zu zeigen: ‚Das ist Österreich!‘“12 Bewusst wird das ländliche, das nicht wienerische Österreich ins Zentrum der Schau gestellt. Freilich fällt die ideologische Anpassung der Fotoschau an das neue Regime noch ziemlich verhalten aus. Vertreten sind neben einigen hei- mattümelnden Lichtbildnern (Defner, Koppitz etc.) auch zahlreiche Fotografinnen und Fotografen, die bisher noch eher wenig in diesem Genre gearbeitet haben, etwa Bruno Reiffenstein, Carl Zapletal, Hans Madensky oder Martin Gerlach. Auch Aufnahmen von Trude Fleischmann, der bekannten Wiener Atelier- fotografin, sind in der Ausstellung zu sehen. Sie be- ginnt um 1930, in Zeitschriften und Magazinen ihre Landschafts- und Reisefotografien zu veröffentlichen, zu denen gelegentlich auch Bilder von knorrigen Bau- erntypen im Hochgebirge zählen (Abb.    9). Auffallend ist die symbolische Präsenz der Bun- desregierung und der Landesregierungen in der Ausstellungsorganisation. Neben dem Kanzler En- gelbert Dollfuß sind zahlreiche Minister und Landes- hauptleute im Ehrenpräsidium vertreten. Sie geben der Veranstaltung einen hochoffiziellen Anstrich. Willig kommt der Veranstalter, der „Fachverband der Fotografengenossenschaften“, der neuen staatlichen Heimatdoktrin entgegen, indem er einen Aufsatz in den Katalog aufnimmt, der sich ausdrücklich mit dem Thema „Lichtbild und Heimatkunst“ beschäftigt.13 Ab 1933/34 findet eine ganze Reihe von Ausstel- lungen statt, die der Heimatfotografie zusehends mehr Gewicht geben. Besonders unter den künstle- risch arbeitenden Amateurfotografen, die in Vereinen organisiert sind, zeichnet sich eine deutliche Tendenz hin zu ländlichen, heimatbezogenen Motiven ab. Im Juni und Juli 1934 veranstaltet der im Jahr 1927 vom Fotopublizisten Hugo Haluschka gegründete „Verband österreichischer Amateurphotographen-Vereine“ im Wiener Künstlerhaus eine Fotoausstellung. Diesmal lautet der Titel nüchtern „III. Internationale Pho- to-Ausstellung“. Wieder ist die gesamte austrofaschis- tische Politprominenz, vom Kanzler Kurt Schusch- nigg abwärts, im Ehrenausschuss vertreten. In der Schau dominieren die antiurbanen Themen: Land und Leute, Arbeitsleben auf dem Land und in Berggebie- ten (nicht aber in der Stadt), berühmte österreichi- sche Landschaften und Orte, Brauchtum, Stillleben, Genrebilder usw.14 Die konservativen Lichtbildner sind nun eindeutig in der Überzahl. Unterstützt wird der neue politische Kurs in Richtung Heimatfotografie von zahlreichen Verbandsfunktionären der Amateurvereine, die dem „Ständestaat“ nahestehen. Sowohl der Präsident Abb.  8  Katholizismus  im  Dienst  der  Politik.  Eine  Ab- ordnung  von  Tiroler  Schützen  in  historischen  Trachten  und  Andreas-Hofer-Look  beim  gro- ßen  Frontappell  der  Vaterlän- dischen  Front  auf  der  Schmelz  in  Wien,  18.  Oktober  1936.  Das  mitgebrachte  überdimensionale  Kreuz  wird  auf  der  Rednertri- büne  aufgestellt,  auf  der  u.  a.  Kanzler  Schuschnigg  spricht.  Wiener Bilder,  25.  Oktober  1936,  Titelseite.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Subtitle
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Author
Anton Holzer
Publisher
Primus Verlag
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Size
23.0 x 29.0 cm
Pages
498
Keywords
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Category
Medien

Table of contents

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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