Page - 88 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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tersagt. Nur eine Tochter, bekleidet mit einem Schutzanzug, dur#e die
Mutter ein letztes Mal persönlich besuchen.
Die Erfahrung des einsamen Sterbens stellt für die Familie Neutz eine
besondere Herausforderung dar. Eine von Keikos Töchtern merkt im Vi-
deo an, dass sich die Covid-19-Patienten wie Aliens im Raum fühlen müs-
sen, da die Krankenpfleger:innen alle Schutzanzüge tragen. Aufgrund der
Abstandsregeln können sich die Angehörigen nicht umarmen und einan-
der auf diese körperliche Art Trost spenden. Jeder und jede trauert für sich
allein, im eigenen Umfeld. Die Unfähigkeit, Keiko beizustehen und sie zu
unterstützen, löst bei der Familie ein Gefühl der Hilflosigkeit aus. Die An-
gehörigen fühlen sich durch diesen Zustand ihrer familiären Intimität be-
raubt. Der verunmöglichte Kontakt zu Keiko und untereinander erschwert
es ihnen, diesen Tod anzunehmen. Die Gefährlichkeit des Virus bringt
eine unfreiwillige Privatisierung des Sterbens und Trauerns mit sich.
Diese Privatisierung des Sterbens ist jedoch keineswegs ein Phänomen,
das erst mit dem Coronavirus au#auchte, sondern ist eine Besonderheit
der Moderne. Der Sterbeprozess wurde allmählich aus dem eigenen Zu-
hause in Institutionen wie Krankenhäuser, Hospize und Altenheime verla-
gert. Sterbende werden heute meistens in ein Krankenhaus verlegt und
nicht von Angehörigen, sondern von Fachleuten gepflegt. Der Prozess des
Abb. 16: Keiko chattet aus dem Krankenhaus mit ihrer Enkelin, Dying Alone
From Coronavirus: A Family’s Last Goodbye, Szenenbild (00:03:03).
Der Tod als mediale Inszenierung
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https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Paradoxien einer Krise
- Title
- Religion, Medien und die Corona-Pandemie
- Subtitle
- Paradoxien einer Krise
- Author
- Daria Pezzoli-Olgiati
- Editor
- Anna-Katharina Höpflinger
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-2221-6
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 134
- Categories
- Coronavirus
- Medien
Table of contents
- Einführung 7
- Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
- Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
- «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
- Gemeinscha!en in Isolation 23
- Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
- Digitale Au!ührungen des Ausnahmezustands 35
- Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
- Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
- Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
- Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
- Unterhaltung in der Pandemie 67
- Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
- Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
- Der Tod als mediale Inszenierung 85
- Einsamer Abschied vor aller Welt 87
- Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
- Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
- Erlösung durch Kapitalismus 103
- Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
- Ausblicke ins Ungewisse 119
- Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
- Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
- Abbildungsverzeichnis 133