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Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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Page - 123 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise

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Das Masken-Tragen drückt aber nicht nur Solidarität aus, sondern auch Gleichheit. Mag der Mensch hinter der Maske wohlhabend, gebildet, ein- flussreich oder angesehen sein: Die Hygienemaßnahmen und die damit verbundene Angst um eine Verbreitung der Krankheit zwingen allen, un- abhängig vom gesellscha#lichen Status, dieselben Regelungen auf. Die Maske scheint zu suggerieren, dass wir alle gleich sind, weil das Virus kei- ne Unterscheidungen zwischen den sozialen Zugehörigkeiten macht. Im Angesicht der Krankheit finden wir uns durch das verbindende Element der Maske auf Augenhöhe mit Menschen, mit denen wir in sozialer Hin- sicht sonst nichts gemein haben. Die Bedrohung durch das Virus kann nur gemeinsam bewältigt werden, weil wir alle gleich in Gefahr sind. Soweit nun die Illusion. Denn natürlich sind wir nicht deswegen alle gleich, weil wir alle denselben Einschränkungen unterliegen und in der Ö!entlichkeit Masken tragen. Der Gedanke, sozial produzierte Ungleich- heiten könnten durch bedrohliche Faktoren ausgeglichen oder gar besei- tigt werden, ist abzulehnen. Eine Pandemie trägt ebenso wenig zu sozialer Gleichheit bei, wie es ein Erdbeben oder eine Dürreperiode können. Statt- dessen verstärkt sie die Ungleichheiten: Gerade in Situationen existenziel- ler Bedrohung kommen soziale Unterschiede erst recht zum Tragen. Selbstverständlich können auch Menschen in sozial besser gestellten Po- sitionen erkranken und sterben, aber gerade ihre gesellscha#liche Stellung ermöglicht es ihnen, Entscheidungen zu tre!en und Möglichkeiten wahr- zunehmen, die ihr Ansteckungsrisiko verringern und ihnen im Krank- heitsfall höhere Überlebenschancen bieten. Gleichzeitig sind diejenigen, die ohnehin schon sozial benachteiligt werden, wegen Ungleichheiten mit höherem Infektions- und Sterberisiko konfrontiert. Während die einen al- so trotz ihrer privilegierten Stellung erkranken können, werden die ande- ren gerade wegen der Benachteiligung der Krankheit ausgesetzt. Nun wäre es aber gewiss weder fair noch zutre!end, das Zusammenge- hörigkeitsgefühl als reine Inszenierung oder Augenwischerei abzutun. Man könnte es hingegen als Brücke zu einem Verständnis der Pandemieer- fahrung als einer speziellen Form von Übergangsritual interpretieren. Die Pandemie als ungewolltes Übergangsritual In Anlehnung an Arnold van Gennep, der zu Beginn des 20. Jahrhundert eine nachhaltig einflussreiche Theorie formulierte, kann ein Übergangsri- tual als eine Reihe von Handlungen definiert werden, durch die ein Mensch eine sozial relevante Transformation durchmacht. Dabei kann es sich sowohl um religiöse Rituale handeln, wie beispielsweise eine christli- Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 123 https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48 Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Religion, Medien und die Corona-Pandemie Paradoxien einer Krise
Title
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Subtitle
Paradoxien einer Krise
Author
Daria Pezzoli-Olgiati
Editor
Anna-Katharina Höpflinger
Publisher
Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7489-2221-6
Size
15.3 x 22.7 cm
Pages
134
Categories
Coronavirus
Medien

Table of contents

  1. Einführung 7
  2. Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
  3. Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
  4. «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
  5. Gemeinscha!en in Isolation 23
  6. Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
  7. Digitale Au!ührungen des Ausnahmezustands 35
  8. Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
  9. Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
  10. Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
  11. Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
  12. Unterhaltung in der Pandemie 67
  13. Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
  14. Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
  15. Der Tod als mediale Inszenierung 85
  16. Einsamer Abschied vor aller Welt 87
  17. Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
  18. Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
  19. Erlösung durch Kapitalismus 103
  20. Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
  21. Ausblicke ins Ungewisse 119
  22. Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
  23. Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
  24. Abbildungsverzeichnis 133
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