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Zipper und sein Vater
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helfen. Kann er ein Bauer sein? Ich will ihm helfen. Aber gegen Ehrenwort und Unterschrift; denn ich mache keine Geschenke, die ein Vermögen sind, oder ich spucke dem Manne ins Gesicht, dem ich Geld auf ewig geliehen habe. Fragt ihn, er soll sagen, was er will.« »Nun hast du dich entschlossen?« »Nein«, sagte Arnold, »kann ich mich überhaupt jemals entschließen? Manchmal scheint es mir, ich könnte ganz gut ein Bauer sein. Dann kommt es mir romantisch und absurd vor. In die Natur gehen? Kann ich mit den Hühnern schlafen gehen und mit ihnen aufstehen? Kann ich einen einzigen Abend das Kaffeehaus entbehren, ein Gespräch mit dir, mit einem andern? Kann ich heiraten, Kinder haben, die das Vieh auf die Weide führen?« »Aber in Brasilien müßtest du das alles doch auch!« »In Brasilien – ja. Ebenso könnte ich ja in New York auf der Straße Zeitungen verkaufen und hier nicht!« »Warum nicht hier?« »Weil man mich kennt. Weil das komisch wäre, ich wäre eine lächerliche Figur.« Ich versuchte keineswegs, Arnold zu überzeugen. Aber ich verstand nicht, daß er nicht hier Zeitungen verkaufen zu können glaubte. Warum wäre er eine lächerliche Figur geworden? Durch keine Beschäftigung irgendwelcher Art wird man lächerlich, wenn man es nicht schon gewesen ist, wollte ich ihm sagen. Aber ich sagte es ihm nicht. Ich fühlte, daß es überflüssig war. Ich fühlte, daß dieser Mensch wie jeder andere bestimmten Gesetzen gehorchte, wenn er etwas unternahm oder etwas unterließ. In dieser Nacht fühlte ich das Gesetz der Welt. Ich hörte den geschwinden, genauen, unerbittlichen, reibungslosen Gang der Räder, die den Mechanismus des Schicksals ausmachen. Ich dachte, daß der Sohn des alten Zipper einemunbekannten Gebot Untertan war, wie der Alte es gewesen, wie es die Enkel des Alten auch sein würden. Ich stellte mir jenen Abend vor, an dem der Farmer den Zippers jede Hoffnung genommen hatte. Es mußte ein Schweigen entstanden sein, jenem vergleichbar, das dem Bericht des Alten von der Vermietung des Salons gefolgt war. Die Eltern Arnolds mußten überzeugt gewesen sein, daß ihr Leben umsonst war. Der Sohn hätte ihrem Alter Wärme und Licht geben müssen, und er kam zu ihnen eine Suppe essen. Am nächsten Tag traf ich den alten Zipper. Er saß in einem Park, eine Zeitung las er mit einer großen Lupe in der Hand, denn die Brille genügte ihm nicht mehr. Wie er so dasaß in seinem schäbigen schwarzen Anzug, der an den Schultern fast so grün war wie das Laub, das ihn umgab, in der Ecke auf 46
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Zipper und sein Vater
Title
Zipper und sein Vater
Author
Joseph Roth
Date
1928
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
112
Keywords
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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