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Zipper und sein Vater
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gewesen. Arnold bekam eine Anstellung. »In einer Zeit, in der Beamte, die schon zehn Jahre gedient haben, auf die Straße gesetzt werden, bekommt Arnold einen Posten«, sagte der alte Zipper. »Auch eine Republik kann ohne wirkliche Tätigkeit nicht regiert werden. Der beste Beweis dafür ist Arnolds Fall.« »Das ist sehr gemütlich!« sagte der Farmer. Am nächsten Tag reiste er ab. Man sprach selten von ihm im Hause Zipper. Er hatte sich blamiert. Er hatte Arnold abgelehnt! Ein Genie wie Arnold nicht nach Brasilien mitzunehmen – dazu gehörte schon die enorme Ungebildetheit dieses Farmers. »Im Grunde«, sagte der alte Zipper einmal von seinem Bruder, »hat er niemals Zeit gehabt, etwas zu lernen, noch auch nur nachzudenken.« Und man ging über den Farmer zur Tagesordnung über. Die Tagesordnung bestand darin, daß man Arnold lobte. Zipper schien ganz vergessen zu haben, daß er selbst es gewesen war, der Arnold eine Stellung verschafft hatte. Man tat so in der Familie, als hätte der Sohn einen großartigen Ruf erhalten, die Finanzen des Landes zu ordnen. Einen Monat später trat Arnold in das Amt ein. Er war ein kleiner Beamter mit einem geringen Gehalt. Der Vater aber sah in ihm schon einen Finanzminister. Arnold hatte nichts von dem Optimismus seines Vaters. »Wie soll ein Mensch, der im Krieg war, vorher nicht Beamter gewesen ist, jetzt acht Stunden täglich an einem Schreibtisch sitzen?« fragte er. »Ich sitze in einem Zimmer im vierten Stock, mit noch zwei Männern; beide sind so alt wie mein Vater. Du ahnst nicht, wie sie mich hassen! An einem der letzten Tage bin ich mit meinem neuen, hellgrauen Anzug ins Büro gekommen. Der eine, Herr Kranich, ist sofort in alle Büros gelaufen und hat erzählt, daß hier ein junger Mann mit einem hellen Anzug in den Dienst gekommen ist. Sooft ich hinausging, standen im Korridor einige Beamte, tuschelten miteinander und sahen mich an. Andere machten wie zufällig die Türen ihrer Kontore auf, schauten hinaus und machten wieder zu. Endlich ließ mich der Kronauer rufen und sagte mir, ich möchte mit Rücksicht auf die schlechte Lage der Beamten, die Familienväter seien, nicht neue Anzüge im Amt tragen. Er selbst trage auch seine alten. Außerdem möchte ich doch die vorgeschriebene Uniform anziehen. Du kannst dir kaum vorstellen, wie mir vor dieser Uniform graut. Schon wieder eine! Soeben habe ich sie abgelegt! Ich habe versucht, meinen Tisch etwas näher an das Fenster zu rücken. Man sieht zwar nichts, es geht in einen 48
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Zipper und sein Vater
Title
Zipper und sein Vater
Author
Joseph Roth
Date
1928
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
112
Keywords
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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