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Marija Wakounig
Hans Uebersberger (1877–1962)
eine gratwanderung : (s)eine karriere im fokus privater und
öffentlich-Beruflicher spannungen
1. einleitende verortung
Der Osteuropahistoriker Hans Uebersberger hat im Ok-
tober 1936 illustrativ (eher martialisch) den rauen Ge-
genwind beschrieben, der ihm nach seinem Wechsel von
Breslau nach Berlin ebendort entgegenwehte und dabei
unwillkürlich auch die möglichen Ursachen, nämlich die
(unprofessionelle) Verflechtung von beruflichen und pri-
vaten Angelegenheiten sowie seine Reaktionen darauf, of-
fengelegt : Man ist ja hier [in Berlin] nicht auf Rosen gebet-
tet und es besteht vielfach, wenn auch nicht an maßgebender
Stelle, eine Strömung gegen die Österreicher. Es gibt ja Augen-
blicke, in denen selbst meine Kampfeslust sich nach Waffen-
ruhe sehnt, aber ich glaube, ich werde, bis man mich in den
Sarg legt, keine Ruhe haben. Unberufen darf ich nur sagen, dass ich mich gesundheitlich sehr
wohl befinde, dass die anstrengenden Touren meinen Organismus wieder erneuert haben und
dass ich daher nirgendwo auch meiner famosen Ehefrau gegenüber daran denke, das Kriegsbeil
zu begraben. Ich werde im Gegenteil, überall härter zuschlagen als ich es bisher getan1.
Im obigen Briefausschnitt spiegelt sich paradoxerweise die Reflexions- und Analy-
seunfähigkeit eines Wissenschaftlers wider, dessen Karriere sich nahezu permanent im
Spannungsfeld von Privat und Staat befand, der einen Aktivurlaub während der Sommer-
monate nicht etwa für Ausgleich und innere Einkehr nützte, sondern, salopp gesagt, für
das Aufladen von negativen Batterien. Insbesondere seit dem Erscheinen der legendären
Geschichte des Seminars bzw. Instituts für Osteuropäische Geschichte von Walter Leitsch
und Manfred Stoy2 im Jahr 1986 haben sich mehrere Autor/innen in ihren Abhand-
1 HHStA, NL Ludwig Bittner 3–2–511, Uebersberger an Bittner, Berlin [10.1936].
2 Walter Leitsch, Manfred Stoy, Das Seminar für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien 1907–
1948 (Wiener Archiv für Geschichte des Slawentums und Osteuropas 11, Wien/Köln/Graz 1983).
Abb. 11 Hans Uebersberger
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625