Seite - 439 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
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Reinhard Blänkner
Otto Brunner (1898–1982)
„nicht der staat, nicht die kultur sind uns heute
gegenstand der geschichte sondern volk und reich1.“
Otto Brunner ist bis heute einer der umstrittensten öster-
reichisch-deutschen Historiker des 20. Jahrhunderts, die
Beurteilung seines wissenschaftlichen Werks polarisiert
noch immer die fachhistorische Zunft. Dabei ist der nach-
haltige Einfluss seiner Arbeiten, insbesondere von „Land
und Herrschaft“2, „Adeliges Landleben und europäischer
Geist“3 sowie seiner Aufsatzsammlung „Neue Wege der
Sozialgeschichte“4, die durch Übersetzungen ins Italieni-
sche, Spanische, Englische, Finnische und Japanische auch
international rezipiert wurden, unbestritten. Kontrovers
diskutiert wird jedoch der Zusammenhang zwischen sei-
nem völkisch-nationalsozialistischen Engagement und
seinem wissenschaftlichen Werk, insbesondere die Frage
nach möglichen Kontinuitäten seiner politischen Auffassungen und wissenschaftlichen
Problemstellungen nach 1945.
Wird einerseits Brunners politische Haltung der 1930er Jahre bis 1945 verharmlo-
send als die eines „Deutschnationalen“5 bezeichnet und sein wissenschaftliches Werk
1 Otto Brunner, Moderner Verfassungsbegriff und mittelalterliche Verfassungsgeschichte, in : MIÖG Erg.-Bd.
14 (1939) 513–528, hier 516.
2 Ders., Land und Herrschaft. Grundfragen der territorialen Verfassungsgeschichte Südostdeutschlands im
Mittelalter (Brünn 1939 ; 2. erg. Aufl. 1942 ; 3. erg. Aufl. 1943 ; 4. veränderte Aufl. Wien/Wiesbaden 1959
[unter dem Titel : Land und Herrschaft. Grundfragen der territorialen Verfassungsgeschichte Österreichs im
Mittelalter]).
3 Ders., Adeliges Landleben und europäischer Geist. Leben und Werk Wolf Helmhards von Hohberg 1612–
1688 (Salzburg 1949).
4 Ders., Neue Wege der Sozialgeschichte. Vorträge und Aufsätze (Göttingen 1956 ; 2 erw. Aufl. Göttingen
1968 [unter dem Titel : Neue Wege der Verfassungs- und Sozialgeschichte]).
5 Vgl. Max Weltin, Der Begriff des Landes bei Otto Brunner und seine Rezeption durch die verfassungsge-
schichtliche Forschung, in : ZRG GA 107 (1990) 339–376, hier 358, Anm. 81. Siehe auch mit deutlichen
apologetischen Tendenzen Ders., Otto Brunner. Ein Niederösterreicher als Bahnbrecher der Mittelalterfor-
schung, in : Mitteilungen aus dem Niederösterreichischen Landesarchiv 12 (2005) 154–170, insbes. 161–170.
Abb. 22 Otto Brunner
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625