Urgeschichte (Prähistorie)#
Die menschliche Frühzeit mit ausschließlich archäologischen Quellen (vor allem Ausgrabungen). Die ältesten Funde in Österreich stammen aus Höhlen der älteren und mittleren Altsteinzeit (Paläolithikum). In der jüngeren Altsteinzeit wurden die außerhalb der vergletscherten Alpen (Eiszeit) liegenden Lößsteppen in Niederösterreich von Jäger- und Sammlerkulturen besiedelt. Der ab der jüngeren Altsteinzeit nachgewiesene Homo sapiens sapiens fertigte bereits kleine Plastiken an (Venus vom Galgenberg, Venus von Willendorf) und lebte in einfachen Unterständen (Stratzing, Niederösterreich). In den Warmphasen wurden in den Alpen auch bis zu 2000 m hoch gelegene Höhlen aufgesucht. Die Jäger-, Sammler- und Fischerkulturen der Nacheiszeit werden der Mittelsteinzeit (Mesolithikum) zugerechnet.
Im 6. Jahrtausend v. Chr. (Jungsteinzeit, Neolithikum) begannen in den fruchtbaren Gebieten Ostösterreichs bäuerliche Dorfkulturen mit der Rodung der Urwälder. Die Ackerbauer errichteten große, langrechteckige Pfostenbauten, bauten Getreide an und züchteten Schafe, Ziegen, Schweine und Rinder. Das 4. Jahrtausend v. Chr. (späte Jungsteinzeit, Kupferzeit) brachte grundlegende Veränderungen: Der vierrädrige Karren wurde im Vorderen Orient erfunden und verbreitete sich rasch nach Mitteleuropa (Badener Kultur), die ersten Kupfergeräte wurden angefertigt, das Pferd domestiziert. Im Salzkammergut (Mondsee) entstanden Seeufersiedlungen (so genannte Pfahlbauten), in den voralpinen Gebieten und in den großen Alpentälern wurden Siedlungen auf geschützten Höhen errichtet, Kriegergräber sind nachweisbar (Streitaxtkulturen, Glockenbecherkultur).
Im 8. Jahrhundert v. Chr. begann die ältere Eisenzeit (Hallstattkultur). An der Spitze der Gesellschaft stand nun eine Adelsschicht, die die mediterrane Lebensweise nachzuahmen versuchte. Die Verstorbenen wurden in großen Grabhügeln mit Geschirrsätzen für Trinkgelage bestattet (ein Goldhalsreif wurde in Uttendorf gefunden, Strettweger Kultwagen, Kleinklein, Gemeinlebarn, Großmugl). Der Salzbergbau in Hallstatt (Oberösterreich) ist das bedeutendste urgeschichtliche Denkmal Österreichs: zahlreiche reich ausgestattete Gräber spiegeln die weitreichenden Handelsbeziehungen der Zeit wider (Elfenbein, Bernstein, Glas und Bronzen aus Oberitalien). Herodot erwähnte die Kelten am Oberlauf der Donau und benannte damit erstmals ein Volk für unseren Raum. Die keltische Sprache dürfte bereits viel früher, im 2. Jahrtausend v. Chr., entstanden sein.
Im 5. Jahrhundert v. Chr., der beginnenden jüngeren Eisenzeit (La-Tène-Kultur), war Österreich bereits großteils von Kelten besiedelt. Durch Weiheinschriften in nordetruskischen Alphabeten sind in Südkärnten Veneter (Gurina) und in Tirol Räter (Schneidjoch) nachgewiesen. Keltische Handwerker veränderten pflanzliche und tierische Motive der mediterranen Kunst zu immer neuen phantasievollen Gebilden, deren Symbolgehalt ebenso rätselhaft ist wie jener der Zirkelornamentik. Für die frühe La-Tène-Zeit sind besonders die reichausgestatteten Kriegergräber bedeutend (Bad Dürrnberg), für ihr Ende große, zentrale Höhensiedlungen (Magdalensberg). Im südalpinen Raum entstand das Regnum Noricum, ein Stammesbündnis keltischer Stämme unter der Vorherrschaft der Noriker, die im 1. Jahrhundert v. Chr. eigene Münzen zu prägen begannen. Wichtigstes Handelsprodukt war das norische Eisen (ferrum Noricum). Eines der ersten überlieferten historischen Ereignisse in Österreich ist der Kimbernzug und die Schlacht bei Noreia (113 v. Chr.).
Museen mit Funden der Urgeschichte: Naturhistorisches Museum in Wien, Landesmuseen in Bregenz, Eisenstadt, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Salzburg; Asparn an der Zaya (Urgeschichte), Traismauer (Frühgeschichte), Hallein (Kelten) und Nußdorf ob der Traisen (Urzeit). Die meisten Heimatmuseen besitzen urgeschichtliche Funde aus der näheren Umgebung.
Urgeschichte in Österreich#
Zeitstufen | Kulturen in Österreich | Zivilisationsstufen | |
---|---|---|---|
um 300.000–250.000 | ältere Altsteinzeit | Steinwerkzeuge der Repolusthöhle | Jäger- u. Sammlerkulturen |
250.000–40.000 | mittlere Altsteinzeit | Breitklingenkulturen | |
40.000–8000 | jüngere Altsteinzeit | Schmalklingenkulturen | |
8000–6000/5000 | Mittelsteinzeit | Mikrolithikum | |
jungsteinzeitliche Revolution | |||
6000/5000–4800/4700 | frühe Jungsteinzeit | bandkeramische Kultur | bäuerliche Dorfkulturen |
4800/4700–4000/3900 | mittlere Jungsteinzeit | bemaltkeramische Kultur | |
4000/3900–2300/2200 | späte Jungsteinzeit, Kupferzeit | Mondsee-, Badener, Glockenbecherkultur | Kriegerschicht |
2300/2200–1600 | frühe Bronzezeit | Hockergräberkultur | Stammeskulturen |
1600–1250 | mittlere Bronzezeit | Hügelgräberkultur | |
1250–800/750 | späte Bronzezeit | Urnenfelderkultur | |
800/750–500/400 | ältere Eisenzeit | Hallstattkultur | Adelsschicht |
500/400–15 v. Chr. | jüngere Eisenzeit | La-Tène-Kultur, Kelten |
Literatur#
- J. Reitinger, Ur- und Frühgeschichte Oberösterreichs, 2 Bände, 1968/69
- L. Pauli, Die Alpen in Frühzeit und Mittelalter, 1984
- A. Lippert (Hg.), Reclams Archäologieführer Österreich, 1985
- H. Friesinger und B. Vacha, Die vielen Väter Österreichs, 1987
- O. H. Urban, Wegweiser in die Urgeschichte Österreichs, 1989
- J.-W. Neugebauer, Österreichs Urzeit, 1990
- Die Räter, Ausstellungskatalog, Innsbruck 1992
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