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Arthur Seyß-Inquart

Arthur Seyß-Inquart, 1938 oder früher
Joseph Goebbels, Gertrud Seyß-Inquart, Kajetan Mühlmann, Paula Wessely und Seyß-Inquart beim Empfang von Schauspielern am 30. März 1938 in der Wiener Hofburg
Seyß-Inquart neben Hitler (1938) in Wien
Arthur Seyß-Inquart bei einer Ansprache vor der Ordnungspolizei in Den Haag (1940)

Arthur Seyß-Inquart (* 22. Juli 1892 in Stannern; † 16. Oktober 1946 in Nürnberg) war ein österreichischer Jurist, der in der Zeit des Nationalsozialismus in unterschiedlichen Funktionen politisch Karriere gemacht hatte.

Seyß-Inquart gehörte zu den 24 im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagten Personen und wurde am 1. Oktober 1946 in drei von vier Anklagepunkten schuldig gesprochen und als Kriegsverbrecher hingerichtet.

Leben

Familie

Arthur Seyß-Inquart kam als Sohn des Pädagogen Emíl Seyß-Inquart (* 29. November 1841 Jaroslau, Lehrer am k.k. Staats-Gymnasium in Villach, 1882–88 Professor am Gymnasium in Iglau, danach Direktor des k.k. Deutschen Staats-Gymnasiums in Olmütz; † 17. Oktober 1920 Wien) und dessen Frau Auguste, geb. Hyrenbach, in Südmähren als jüngstes von sechs Geschwistern zur Welt. 1907 übersiedelte die Familie nach Wien. 1911 lernte Arthur Gertrud Maschka kennen, die er im Dezember 1916 heiratete. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Ingeborg Caroline Auguste (* 1917), Richard (* 1921) und Dorothea (* 1928).

Es wird auch behauptet, Arthurs Familie habe den Namen Zajtich geführt und ihn erst 1907, nach der Übersiedlung nach Wien, auf Seyß-Inquart geändert. Dagegen sprechen Schulpublikationen, die Arthurs Vater Emil Seyß ab den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts unter diesem Namen veröffentlicht hat.[1] Die Führung des Namens Zajtich ist nicht durch Primärquellen nachgewiesen und kommt auch in der deutschsprachigen Literatur nicht vor.

Werdegang zum Rechtsanwalt

Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums studierte Seyß-Inquart Rechtswissenschaft an der Universität Wien. Während des Ersten Weltkrieges diente er in der österreichisch-ungarischen Armee und erreichte dort den Rang eines Oberleutnants der Reserve. Seyß-Inquart promovierte während eines Fronturlaubes 1917 in Wien zum Dr. jur. Ab 1921 war er zunächst als Rechtsanwalt in Wien tätig.[2]

Politik

Nationalsozialist

Um 1919/1920 war Seyß-Inquart in Wien Mitglied einer katholisch-nationalen Deutschen Gemeinschaft, wo auch Engelbert Dollfuß, Emmerich Czermak und Hermann Neubacher dabei waren.[3] Seit 1931 engagierte er sich in österreichischen Organisationen, die der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) nahestanden, wie dem Deutsch-Österreichischen Volksbund und dem Steirischen Heimatschutz.[4] 1934 nahm Bundeskanzler Engelbert Dollfuß die Verbindung zu Seyß-Inquart neu auf, es kam zu zwei Treffen im Juli 1934 in Mattsee und Wien, also unmittelbar vor dem Juliputsch, wo es zur Tötung von Dollfuß kam.[3] Ab 1936 war er zunächst als österreichischer Staatsrat tätig. 1937 wurde er zum „Befriedungskommissar“ berufen, um die Verbindung zur – wie es hieß – „nationalen Opposition“ herzustellen.[2] 1938 trat er der NSDAP bei. Auf Druck von Adolf Hitler, der im Berchtesgadener Abkommen vom 15. Februar 1938 ultimativ die Beteiligung der NSDAP an Regierungsämtern gefordert hatte, überließ der damalige österreichische Bundeskanzler Kurt Schuschnigg Seyß-Inquart am darauffolgende Tag das Amt des Innen- und Sicherheitsministers.

In dieser Funktion begann er Überlegungen dazu, ein nationalsozialistisches Österreich nicht sofort voll in das Deutsche Reich zu integrieren, sondern vorerst nur die Personalunion des Staatsoberhauptes herzustellen. Dies hätte seiner eigenen Karriere genützt und Skrupel in Bezug auf seinen österreichischen Amtseid vermieden. Wie er allerdings in den Anschlusstagen selbst zugeben musste, wurde er von den treibenden Kräften des „Anschlusses“ nur vor − und wie sich bald zeigte – beiseite geschoben. So versuchte Seyß-Inquart noch in der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938, Stunden vor dem Einmarsch der Wehrmacht, über die zuständigen Stellen in Berlin Hitler davon zu überzeugen, von einem Grenzübertritt abzusehen. Dieser, noch wenige Stunden zuvor schwankend in seinem Entschluss, wurde daraufhin geweckt, erklärte jedoch, dass der Einmarsch nicht mehr aufzuhalten sei.

Österreichischer Bundeskanzler und Reichsstatthalter

Schuschnigg musste sein Vorhaben, eine Volksbefragung über Österreichs Unabhängigkeit abzuhalten, unter dem Druck Hitlers aufgeben und trat am 11. März 1938 zurück. Darauf hin wurde Seyß-Inquart von Bundespräsident Wilhelm Miklas nach mehrstündigem Zögern und nach telefonischen Ultimaten Hermann Görings noch am späten Abend zum Bundeskanzler bestellt und am darauffolgenden Morgen vereidigt. Er übte dieses Amt bis zum 13. März 1938, dem Tag des „Anschlusses Österreichs“ an das Deutsche Reich aus. Seyß-Inquart war damit nach Walter Breisky die kürzeste Zeitspanne österreichischer Bundeskanzler.

Am 13. März 1938 wurde der „Anschluss Österreichs“ an das Deutsche Reich staatsrechtlich vollzogen. Das entsprechende, von der NS-Bundesregierung beschlossene Bundesgesetz musste, den Regeln der Ständestaatsverfassung entsprechend, vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden, um in Kraft treten zu können. Wilhelm Miklas weigerte sich und trat zurück.

Seine Funktionen gingen damit verfassungsgemäß auf Bundeskanzler Seyß-Inquart über. Dieser unterschrieb den Beschluss nunmehr in seiner Doppelfunktion als amtierendes Staatsoberhaupt und als Bundeskanzler. Seine Unterschrift gab dem Anschlussgesetz Rechtskraft; da damit der Staat Österreich zu bestehen aufhörte, endete mit dieser Unterschrift auch Seyß' Funktion als amtierendes Staatsoberhaupt.

Wie die gesamte Gesetzgebung der Ständestaatsdiktatur wurde auch dieser Vorgang bei der Wiedererrichtung der Republik Österreich 1945 als verfassungswidrig aufgehoben.

Vom 15. März 1938 bis 30. April 1939 wurde Seyß-Inquart dann von Hitler zum Leiter der österreichischen Landesregierung mit dem Titel Reichsstatthalter bestellt. Die Landesregierung wurde im Mai 1938 verkleinert und hatte unter der Aufsicht des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, Josef Bürckel, die Liquidation der österreichischen Zentralstellen durchzuführen. Als Reichsstatthalter in Österreich führte Seyß-Inquart die Beschlagnahme jüdischen Eigentums durch. … wurden politische Gegner der Nazis durch die Gestapo in Konzentrationslager geschafft, misshandelt und in vielen Fällen getötet.[5] Mit Inkrafttreten des Ostmarkgesetzes am 1. Mai 1939 wurde die Landesregierung aufgelöst.

Reichsminister ohne Geschäftsbereich

Seyß-Inquart war 1939–1945 Reichsminister ohne Geschäftsbereich.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Seyß-Inquart Ende Oktober 1939 Stellvertreter des Generalgouverneurs Hans Frank im deutsch besetzten Generalgouvernement.[2]

Reichskommissar für die Niederlande

Arthur Seyß-Inquart als Angeklagter während einer Verhandlungspause im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess

Am 29. Mai 1940 ernannte Hitler ihn zum Reichskommissar für die besetzten Niederlande. Dort war Seyß-Inquart verantwortlich für die Einführung von Zwangsarbeit, Deportationen von über 100.000 niederländischen Juden in Vernichtungslager, Niederschlagung des Februarstreiks und Erschießung von Widerstandskämpfern. Für die niederländische Hauptstadt Amsterdam war ihm Hans Böhmcker unterstellt.

Im Urteil des Nürnberger Internationalen Militärgerichtshofes wird Seyß-Inquarts Verhalten beschrieben (Auszug):

„Als Reichskommissar … übte Seyß-Inquart unbarmherzigen Terror zur Unterdrückung allen Widerstandes gegen die deutsche Besatzung, ein Programm, das er selbst als „Vernichtung“ der Gegner bezeichnete. … Die wirtschaftliche Verwaltung der Niederlande führte Seyß-Inquart durch, ohne die Regeln der Haager Konvention… zu beachten. … Öffentlicher und privater Besitz wurde in großem Stil geplündert … Sofort … begann er, Sklavenarbeiter nach Deutschland zu schicken. … Während der Besetzung wurden 500.000 Menschen von den Niederlanden nach dem Reich als Arbeiter gesandt, und nur ein ganz geringer Bruchteil davon waren tatsächlich Freiwillige.“[6]

„Eine der ersten Maßnahmen … war der Erlass einer Reihe von Gesetzen, die die wirtschaftliche Schlechterstellung der Juden erzwang. … … Es ist … wahr, dass in gewissen Fällen Seyß-Inquart gegen besonders scharfe Maßnahmen, die von anderen Dienststellen getroffen wurden, protestierte … Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass Seyß-Inquart ein wissender und freiwilliger Teilnehmer an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit war, die während der Besetzung der Niederlande begangen wurden.“[7]

Adolf Hitler ernannte Seyß-Inquart in seinem Testament zum Außenminister.

Weitere Funktionen

Nürnberger Prozess

Im Sommer 1945 wurde Seyß-Inquart bis zur Überstellung nach Nürnberg im Kriegsgefangenenlager Nr. 32 (Camp Ashcan) im luxemburgischen Bad Mondorf mit einer Anzahl von NSDAP-Größen und hohen Wehrmachtsangehörigen interniert. Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess von 1946 wurde er in den Anklagepunkten 2, 3 und 4 (Planung, Entfesselung und Durchführung eines Angriffskrieges, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit) für schuldig gesprochen, zum Tod durch den Strang verurteilt und am 16. Oktober 1946 in Nürnberg hingerichtet. Sein Strafverteidiger war Gustav Steinbauer.

Mitglieder der letzten Bundesregierung vor dem sogenannten Anschluss Österreichs

  • Bundeskanzler: Arthur Seyß-Inquart
  • Vizekanzler: Edmund Glaise-Horstenau
  • Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten: Wilhelm Wolf
  • Bundesminister für Justiz: Franz Hueber
  • Bundesminister für Unterricht: Oswald Menghin
  • Bundesminister für soziale Verwaltung: Hugo Jury
  • Bundesminister für Finanzen: Rudolf Neumayer
  • Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft: Anton Reinthaller
  • Bundesminister für Handel und Verkehr: Hans Fischböck
  • mit der Leitung des Bundesministeriums für Landesverteidigung betraut: Seyß-Inquart als Bundeskanzler
  • Staatssekretär für Sicherheitswesen: Polizeipräsident Michael Skubl (trat zurück)
  • dem Bundeskanzler für Angelegenheiten der öffentlichen Sicherheit beigegeben: Ernst Kaltenbrunner (Führer der österreichischen SS)
  • für die Angelegenheiten der politischen Willensbildung: Major Hubert Klausner (Landesleiter der NSDAP Österreich)

Literatur

  • Das Urteil von Nürnberg. dtv-Dokumente Nr. 8. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1961.
  • Hendricus Johannes Neuman: Arthur Seyss-Inquart. Styria, Graz 1970.
  • Wolfgang Rosar: Deutsche Gemeinschaft. Seyss-Inquart und der Anschluß. Europa-Verlag, Wien 1971. ISBN 3-203-50384-0.
  • Zebhauser Helmuth: Alpinismus im Hitlerstaat. Gedanken, Erinnerungen, Dokumente. Dokumente des Alpinismus, Band 1. Rother, München 1998. ISBN 3-7633-8102-3.
  • D. A. Binder: Seyss-Inquart Arthur. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 12, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2001–2005, ISBN 3-7001-3580-7, S. 213 f. (Direktlinks auf S. 213, S. 214).
  • Joachim Lilla, Martin Döring, Andreas Schulz: Statisten in Uniform: Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924. Droste, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4.
  • Erich Stockhorst: 5000 Köpfe. Wer war was im 3. Reich. Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1 (Unveränderter Nachdruck der ersten Auflage von 1967).
  • Klaus D. Patzwall: Das Goldene Parteiabzeichen und seine Verleihungen ehrenhalber 1934–1944. Patzwall, Norderstedt 2004, ISBN 3-931533-50-6.
  • Robert Wistrich: Wer war wer im Dritten Reich? Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1987 ISBN 3-596-24373-4.
  Commons: Arthur Seyß-Inquart  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Emil Seyss als Autor eines am 4. November 1900 in Olmütz gehaltenen Nachrufs auf einen Pädagogen; Österreichischer Bibliothekenverbund, Gesamtkatalog
  2. 1 2 3 4 Bogdan Musial: Deutsche Zivilverwaltung und Judenverfolgung im Generalgouvernement. Harrassowitz, Wiesbaden 1999, ISBN 3-447-04208-7, S. 393
  3. 1 2 Kurt Bauer: Korrektur: Nicht doch, Andreas Khol! Die Presse, 12. März 2005
  4. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 580.
  5. Das Urteil von Nürnberg. dtv-Dokumente Nr. 8. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1961, S. 246.
  6. Das Urteil von Nürnberg. dtv-Dokumente Nr. 8. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1961, S. 247.
  7. Das Urteil von Nürnberg. dtv-Dokumente Nr. 8. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1961, S. 248.

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