Gesetzliche Unfallversicherung in Österreich
Die Gesetzliche Unfallversicherung, auch Soziale Unfallversicherung ist in Österreich ein Versicherungssystem, das die Einwohner in bestimmten Unfallsituationen schützt. Es handelt sich hierbei um Ereignisse von öffentlichem Belang, nämlich Arbeitsunfälle, Unfälle in Bildungsanstalten und bei Hilfeleistungen für andere. Alle anderen Formen der Unfälle (Freizeitunfälle) sind im Allgemeinen über die gesetzliche (Pflicht-)Krankenversicherung gedeckt, teil über wählbare Klauseln, aber in geringerem Umfang.
Geschichte
Erstmals wurde durch das 1854 geschaffene Berggesetz den im Bergbau tätigen Menschen Versicherungsschutz gewährt. 1888 wurde das Arbeiterunfallversicherungsgesetz geschaffen, wonach unselbständig Erwerbstätige versichert wurden, die in besonders gefährlichen Betrieben arbeiteten. Die Versicherung wurde zu 90 % von den Unternehmen und 10 % von den Arbeitern finanziert, wobei sich die Höhe des Beitrags nach der Gefährlichkeit der Tätigkeit richtete. Da die Versicherung nur für bestimmte Betriebe galt, handelte es sich um eine Betriebsversicherung. 1917 wurden erstmals auch Wegunfälle in den Schutz mit einbezogen. 1926 wurde diese Versicherung zu einer Personenversicherung umgewandelt, damit fielen alle Arbeitnehmer unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Schon 1928 wurden auch die Berufskrankheiten mit einbezogen.
Zwischen 1939 und 1945 galt wieder das reichsdeutsche System der berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung.
Erst 1955 wurden selbständig Erwerbstätige versichert und 1977 kamen auch die Schüler und Studenten dazu. Die dritte Gruppe, der Hilfeleistungschutz, kam erst in den 1990er Jahren hinzu. Diese beiden Ausweitungen des – aus dem Arbeitskampf des 19. Jahrhunderts entstandenen – Konzepts der Hilfeleistung in öffentlichem Interesse auf Bildung und auf ehrenamtliches Engagement und Zivilcourage gilt als ebenso bedeutende soziale Errungenschaft.
Heute ist dieser Versicherungsschutz umfassend, 2008 waren etwa 6 Millionen Menschen erfasst, das sind gut 2⁄3 der Einwohnerschaft. Zu diesen gehörten zu der Zeit 3,2 Millionen unselbständig Beschäftigte, 1,4 Millionen selbständig Erwerbstätige und 1,3 Millionen Schüler und Studenten.[1]
Versicherungsträger
Getragen wird das System von vier Versicherungsanstalten.
Nach § 24 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) sind Träger der Unfallversicherung:
- Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB): Sie ist insbesondere für den Versicherungsschutz aller in der Land- und Forstwirtschaft selbständig Erwerbstätigen, sowie deren Angehörigen zuständig (§ 28 Z 2 ASVG).
- Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB): Sie ist für alle Beschäftigten bei Eisenbahngesellschaften, wie der ÖBB und der Wiener Linien einschließlich der Beschäftigten von Schlaf- und Speisewagenbetrieben zuständig (§§ 28 Z 3, § 26 Abs. 1 Z 4 lit. a bis e ASVG).
- Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA): Bei der AUVA sind alle bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer im Rahmen der Vollversicherung versichert (§§ 4 Abs. 1 Z 1, 28 Z 1 ASVG) sowie Personen, die nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a bis m ASVG in der Unfallversicherung teilversichert sind wie selbständig Erwerbstätige, Schüler und Studenten, Laienrichter oder Personen mit Behinderung in anerkannten Einrichtungen der Beschäftigungstherapie.
Die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau ist für die bei ihr unfallversicherten Personen auch Träger der Krankenversicherung (§ 23 Abs. 1 Z 3 ASVG).
Für Staatsbedienstete ist die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) zuständig. Bestimmte Dienstnehmer sind jedoch gem. § 7 Z 2 lit. a ASVG in der Unfallversicherung teilversichert.
Versicherungsfall
Für die Unfallversicherung gibt es zwei Arten der Versicherungsfälle:
- den Arbeitsunfall: darunter versteht man Unfälle, die entweder direkt bei der Arbeit oder auch auf dem Weg zur oder von der Arbeitsstätte passieren. Dazu zählen aber auch innere Auswirkungen, die beispielsweise durch Übermüdung oder durch übermäßige Kälte entstehen.
- die Berufskrankheit: unter dieser versteht man Erkrankungen, die durch lange Einwirkung auf den Körper entstehen. Es zählen beispielsweise Allergien dazu. Aber auch eine Gehörschädigung durch Einwirkung von Lärm am Arbeitsplatz wird zu den Berufskrankheiten gerechnet. Dazu gibt es eine Liste in der Anlage 1 des ASVG, in der alle durch die Versicherung anerkannten Berufskrankheiten genannt sind.
Im Gegensatz zu den freiwilligen Versicherungen bei einer Versicherungsanstalt gilt hier das Prinzip „Alles oder nichts“. Dies bedeutet, dass ein Schaden entweder komplett anerkannt oder komplett abgelehnt wird. Es gibt hier kein Teilverschulden wie bei anderen Versicherungen.
Von der Versicherung werden aber nicht nur die Unfälle am Arbeitsplatz gedeckt. Es gibt drei Bereiche, die in die Zuständigkeit einer der vier Versicherungen fallen:
- die Erwerbstätigkeit: Dazu zählen alle Bereiche, die mit dem Lebensunterhalt zusammenhängen. Nicht dazu zählt aber ein Freizeitunfall oder ein Unfall bei einer Schwarzarbeit.
- den Schul- und Unterrichtsbesuch: Auch Schüler und Studenten sind sowohl am Weg zur Schule als auch in der Schule selbst unfallversichert.
- Hilfeleistungen im Fremdinteresse: Personen, die anderen in Not befindlichen Menschen helfen sind ebenso bei der Hilfeleistung versichert. Das kann eine Hilfeleistung einer einzelnen Person genauso betreffen wie im Rahmen einer Hilfsorganisation (z. B. Feuerwehr oder Rettungsdienst).
Das heißt beispielsweise auch, dass ein Verkehrsunfall im Fall eines Wegunfalles gedeckt ist, ein Verkehrsunfall beim Spazierenfahren jedoch nicht.
Finanzierung
Die Beiträge für die unselbstständig Beschäftigten belaufen sich auf 1,2 %[2] der Beitragsgrundlage (das ist der Bruttolohn), sie werden vom Arbeitgeber getragen. Lehrlinge und Beschäftigte über 60 Jahren sind beitragsfrei versichert.[3]
Versicherungsleistungen
Die gesetzliche Unfallversicherung deckt Kosten für Erste Hilfe, Unfallheilbehandlung, Rehabilitation und Wiederherstellung (Prothesen, orthopädisches, Zahnersatz usf.), und leistet Zuschüsse für Entgeltfortzahlung, Entschädigungen (Einmalzahlungen: Versehrtengeld für Schüler/Studierende, Integritätsabgeltung bei schweren Folgeschäden, Witwenbeihilfe, ein Teil allfälliger Bestattungskosten) und Auszahlung von Versehrtenrenten und Hinterbliebenenrenten.[1][3]
Außerdem beteiligt sie sich an Verhütungsmaßnahmen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, sowohl als direkte Betriebssicherheit wie in der Forschung.[1]
Der Aufwand beläuft sich beispielsweise auf:[1]
- 187.483 Versicherungsfälle (2007)
- 67 Mio. € für Unfallverhütung, Präventionsberatung und Erste-Hilfe Leistung (2008)
- 536 Mio. € an Renten für 105.596 Versicherte (Rentenstand Dezember 2008)
Weblinks
Einzelnachweise
- 1 2 3 4 Soziale Unfallversicherung, Gesundheitsministerium, bmg.gv.at > Gesundheitssystem / Qualitätssicherung > Kranken- und Unfallversicherung
- ↑ Sozialversicherung-AT. Abgerufen am 20. Juli 2020.
- 1 2 Arbeitsmarktservice / bundesagentur für Arbeit: Unfallversicherung, A9 von Wegweiser für Grenzgänger/Grenzgängerinnen aus Deutschland, Broschüre, o.n.A. (pdf, ams.at).
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Portalbereich der Zentrale der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) an der Adresse Adalbert-Stifter-Straße 65 im 20. Wiener Bezirk Brigittenau . Der Baukomplex wurde ab 1972 nach Plänen des Architekten Kurt Hlaweniczka (Statik Kurt Koss) errichtet und am 6. Mai 1977 eröffnet. Das Gebäude ist eine Art Hängekonstruktion mit 4 Stahlbetontürme von rd. 64 m Höhe und 6 Stahlbetontürme mit rd. 31 m Höhe (2 westseitig und 4 ostseitig). Diese sind in der Art eines Brückenbauwerks miteinander verbunden und an diesen Verbindungselementen sind mittels Stahlhängesäulen drei- beziehungsweise zwölfgeschossige Bürokomplexe aufgehängt. | Eigenes Werk | C.Stadler/Bwag | Datei:Brigittenau (Wien) - AUVA-Zentrale, Portal.JPG | |
Piktogramm zum Kennzeichnen von Informationen bei einer Wahl/Abstimmung. | Own illustration, 2007 | Arne Nordmann ( norro ) | Datei:Pictogram voting info.svg |