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Meine Themenfindung#

(Das Intro zur Phase II des Vorhabens)#

Von Martin Krusche#

Es war für mich nun an der Zeit, die erste Phase meiner Mitwirkung an diesem Vorhaben abzuschließen. Vor allem deshalb, weil meine Themenfindung so weit gelungen ist, daß mir heute mein Part sehr viel klarer ist. Inhaltlich habe ich einen markanten Schwerpunkt in einem Themengeflecht, das Gewässer, Elektrizität und Technologiegeschichte besonders betont.

Es gibt eine interessante Passage in einer Publikation aus dem Jahr 1890. „Die Fabrik in Neudau wurde 1845 von derselben Firma erbaut, hatte als Triebkraft ein Wasserrad, beschäftigte 180 bis 200 Arbeiter und erzeugte auf 4224 Spindeln 125.000 Bündel Garn Nr. 60. In den Jahren 1857/60 wurde sie vergrößert und ein Dampfmotor aufgestellt. Seit 1877 geben zwei Turbinen und eine Dampfmaschine die nöthige Kraft.“ (Mit „derselben Firma“ ist Borckenstein gemeint.)

So Hans Tauss, „Docent an der technischen Hochschule“, in „Die Textilindustrie Steiermarks“. Er meinte, das Tuchmachergewerbe sei in der Oststeiermark ab dem 17. Jahrhundert nachweisbar. In diesem Text heißt es an einer anderen Stelle: „Pferdegöpel oder Wasserkraft“.

Der Göpel ist eine Art Getriebe, in das man einerseits Tiere oder Menschen einspannen kann (Tretmühle), um am anderen Ende Antriebskraft für diverse Maschinen verfügbar zu haben. Das Wasserrad ist logischerweise ortsgebunden. Den Göpel kann man auch als mobile Einheit bauen. Siehe zu diesen Aspekten: "Bevor es Motoren gab" (Zur Industriellen Revolution)!

Die Dampfmaschine war dann ein nächster Entwicklungsschritt. Als stationärer Motor, um vom Wasserstand eines Baches oder Flusses unabhängig zu werden, aber natürlich auch bald im mobilen Einsatz. Mit der Einführung tauglicher Generatoren und Elektromotoren wurde der nächste Veränderungsschub eingeleitet. Nun konnten Wasserräder, ebenso die erwähnten Turbinen, über Generatoren zur Stromerzeugung genutzt werden. Sie sehen das in den oben genannten Zitaten zusammengefaßt.

Das heißt, am Werk in Neudau läßt sich dieser Geschichtsverlauf ablesen. Er reicht durch die gesamte Dampfmaschinenmoderne; auch wenn dem Ort Randlage bestätigt werden muß, Tauss nannte „den technischen Fortschritt“ und „günstige Frachtverhältnisse“ als wichtige Mittel, wirtschaftlich voranzukommen. Dafür wußte man offenbar zu sorgen.

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Diese Geschichte endete, als die Vierte Industrielle Revolution eingesetzt hatte. Laut Wirtschaftskammer ist die Berechtigung dafür (Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie ) nach wie vor aufrecht; betreffend: Fabriksmäßige Baumwollspinnerei, Weberei, Zwirnerei, Bleicherei und Färberei (Im Web abgerufen am 23.2.2023).

Dabei werden zwei Standorte genannt: mit 8291 Burgau, Burgau 68 (Textilindustrie) jener der Firmengründung im 18. Jahrhundert, dann mit 8292 Neudau, Borckensteinstraße 8 (Textilindustrie) die Adresse, mit der wir es heute zu tun haben.

„Am 10.01.2019 wurde über das Vermögen des Unternehmens Borckenstein GmbH in Neudau ein Konkursverfahren am Landesgericht Graz eröffnet.“ (Woche) Ende Februar 2019 war also mit der alten Geschichte endgültig Schluß.

Kontext#

Ich werde bei anderer Gelegenheit noch auf ein paar Querverbindungen zur Stadt Fürstenfeld eingehen. Die liegt an der Feistritz, was einen Bezugspunkt in den Gleisdorfer Feistritzwerken hat. Das ist ein regionaler Netzbetreiber. Gleisdorf liegt an der Raab. Neudau liegt hingegen an der Lafnitz, einem alten Grenzfluß in der Berührung Österreichs und Ungarns. Feistritz, Lafnitz, Raab...

Dadurch ist es für mich naheliegend, das Themenpaket Gewässer und Elektrizität besonders zu beachten, es in seinen regional- und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen einzubeziehen. Beides läßt sich außerdem mit den Anforderungen von Handelswegen, von Transport-Routen in Verbindung bringen.

Es geht mir um Raumüberwindung im Zusammenhang der Aspekte von Kommunikation und individueller Mobilität. Das sind wesentliche Elemente einer Entwicklung, die wir auch in der künstlerischen Arbeit forcieren, in der Wissens- und Kulturarbeit, denn: Provinz, das muß nicht „provinziell“ heißen. Das meint, wir haben mit dem alten Denkschema „Zentrum/Provinz“ längst gebrochen.


  • Neudau (Das Projekt, Phase II)
    • Fotos: Martin Krusche