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Fotografie 1910 bis 2023#

Eine Ausstellung#

von Martin Krusche

Den meisten Menschen in meiner Umgebung sagt der Begriff Pavee überhaupt nichts. Tinker? Irish Travellers? Ein fahrendes Volk. Das ist eine andere Ethnie als Roma und Sinti, auf den britischen Inseln beheimatet. Eine Kultur, in der – naheliegend – Pferde eine wichtig Rolle spielen.

Aristoteles hat uns die Ansicht hinterlassen, der Mensch sein ein „Zoon politikon“, also ein Wesen, das zum Leben in Gemeinschaft neigt. (In heutiger Sprachregelung wäre von einem sozialen, von einem politischen Wesen zu sprechen.)

Soziales Verhalten und individuelle Bindungen sind nicht unsere alleinige Domäne. Wir finden solche Verhaltensweisen auch bei etlichen Tierarten. Aber wir verfügen offenbar als einzige Spezies über symbolisches Denken.

Das befähigt uns zu einer komplexen Sprache, einer vielschichtigen Kultur, zu ethnischen Eigenheiten. Es erlaubt uns, Dinge zu denken, die es nicht gibt, Phantasie zu pflegen, Erfindungen zu machen. Und Kunstwerke. Ein Zoon politikon ordnet Wir-Gefühle mittels Symbolen, Bräuchen, moralischen Konzepten, durch Erzählungen und Mythen.

Das hat vielfach dazu geführt, in modernen Nationalstaaten den hauslosen Menschen und fahrenden Völkern mit Mißtrauen zu begegnen. Dabei haben die freilich auch ihre kulturellen und moralischen Konzepte, ihre Narrative, durch die deutlich wird: Wer sind wir und wer die anderen Leute?

Seit dem Neolithikum gibt es in solchen Zusammenhängen Reibungspunkte und Konfliktstoffe. Als Menschen begannen seßhaft zu werden, häuften sich Kontroversen zwischen den Jägern und Sammlern und den seßhaften Leuten. Damals offenbar völlig neue Formen der Gewalttätigkeit haben zahlreiche forensische Spuren hinterlassen. Unsere Mythen erzählen auch davon. (Der Ackerbauer Kain erschlägt aus Eifersucht seinen Bruder, den Hirten Abel.)

Karl A. Irsigler (links) und Richard Mayr.)
Karl A. Irsigler (links) und Richard Mayr.)

Vor diesen historischen Hintergründen hat sich Fotograf Richard Mayr mit den Travellers befaßt, die innerhalb Europas ein ethnisches Kuriosum sind. Das ergab nun ein Leitmotiv für jene Ausstellung, in welcher der Wiener Galerist Karl A. Irsigler die Arbeiten vier sehr verschiedener Persönlichkeiten dieses Genres zeigt.

Mit der Eröffnung am 4. Mai 2024 sind in Wien Foto-Arbeiten aus den Jahren zwischen 1910 und 2023 zu sehen; von Madame d’Ora, Ernst Haas, Julien Mandel, (Mandelbaum), Jan Tepass und Richard Mayr.

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