Schwein#
Die Domestizierung des Wildschweins begann vor mehr als 10.000 Jahren vermutlich gleichzeitig in China, dem Vorderen Orient und Europa. Anfangs hielt man Schweineherden in Wäldern, wo sie sich hauptsächlich von Eicheln ernährten, oder auf eingezäunten Weiden in Siedlungsnähe. Der Herbst war die Hauptphase der Schweinemast, vielfach war es üblich, am Festtag des heiligen Michael (29. September) damit zu beginnen und vor dem Advent, der als Fastenzeit galt, zu schlachten.
Ein so wichtiges Tier spielte naturgemäß im Aberglauben eine Rolle. Bekannt ist das Glücksschwein zu Neujahr im Sinn des guten Omens: Wenn man am Anfang genug zu essen hat, wird es so bleiben. Das Wühlen der Tiere nach Genießbarem verleitet zum Schluss des Schätzefindens. In christlichen Sagen nimmt der Teufel die Gestalt des Tieres an (Im Markusevangelium 5,1-20 verbannt Jesus Dämonen in eine Schwerdeherde). Als Schweinepatrone gelten der hl. Valentin und der Einsiedler Antonius ("Fakentoni").
Redensarten reichen vom positiven "Schwein haben" (unverdientes Glück haben) bis zum groben Schimpfwort und dem zu überwindenden "inneren Schweinehund". Letzten erfand der deutsche Reichskanzler Kurt Schleicher (1882-1934), von dem der NS-Politiker Hermann Göring (1893-1946) den Ausdruck für "seine eigene Schwäche bekämpfen" übernahm.
Schweinefleisch als Nahrungsmittel
Die Statistik des Pro-Kopf-Verbrauchs (in kg) verschiedener Fleischsorten im 19. Jh. zeigt die Verschiebung vom Rind- zum Schweinefleisch. Erst der Anbau von Erdäpfeln ermöglichte die Schweinemast in größerem Umfang. Der Markt Thaya im Waldviertel (NÖ)war im 19. Jahrhundert für die "Schweinebarone" bekannt. Die Viehhändler kauften große Herden in Ungarn und Serbien und trieben sie über Wiener Neustadt in das Weinviertel, Waldviertel und bis nach Linz und Wels. Die bedeutendsten Händlerfamilien kauften wöchentlich 1200 bis 1600 Schweine, die sie durch 40 Verkäufer absetzen ließen. Der dadurch erworbene Wohlstand zeigt sich bis heute an den prächtigen, städtisch wirkenden Haustoren des Ortes.
Der Schweinsbraten, auch Bratl genannt, zählt zu den "Traditionellen Lebensmitteln in Österreich". Das Fleisch wird gewürzt und gebraten, bis es eine knusprige Schwarte bekommt. In einigen ländlichen Gebieten genießt man Surbraten (gebeizt) oder Selchbraten. Schweinsbraten ist mit Beilagen eine warme Hauptspeise, kalt ein Bestandteil der Brettljause. Der Schweinsbraten als Hauptgericht ist eine klassische Speise an Sonn- und Feiertagen, bei Hochzeiten und beim Leichenschmaus.
Im Zuge der Allgemeinen Viehzählung am 1. Dezember 2020 wurde ein Bestand von 2,81 Mio. Schweinen erhoben. (+ 1,2 % bzw. 33.200 Tiere gegenüber 2019).2020 wurden 5.068.000 Schweine, dabei fielen 504.000 t Schweinefleisch an.
Quellen:
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin 1936/1987. Bd. 7/Sp. 1474 f.
Lutz Röhrich: Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Freiburg/Br. 1992. Bd.3/S. 1441 f.
Helga Maria Wolf: Die Märkte Alt-Wiens. Wien 2006. S. 82
"Österreich", 15.2.2018
Traditionelle öst. Lebensmittel
Statistik
Bild:
Schwein im Stall. Foto: Alfred Wolf