DIE POCKENIMPFUNG#
1924: Vor 125 Jahren wurde die Pockenimpfung eingeführt.
In den Naturwissenschaften kann man beobachten, dass für gewissen Entdeckungen schon lange vorher der Boden vorbereitet ist und dass, in der Vergangenheit bereits ähnliche Ideen, und schon lange vorher im Keime vorhanden waren, die später zu den endgültigen Lösungen geführt haben. Vielfach gab es Probleme die jedoch nur am Stand der damaligen Wissenschaft und den unzulänglichen Mitteln hinderten die Ideen auch auszuführen.
Denn vor der Entdeckung der Schutzimpfung gegen Blattern durch Jenner Verfahren, war schon seit langem bekannt, dass das Überstehen gewisser Krankheiten, zum Beispiel Masern, Blattern usw. Schutz gegen eine zweite Ansteckung verleiht. Aus dieser Erkenntnis hat sich eine Art Schutzimpfung entwickelt, welche einige Zeit auch in Europa geübt wurde, nämlich die künstliche Übertragung der Blattern. Natürlich war diese Impfung ganz unzulänglich, da man es nicht in der Hand hatte, eine bestimmten Grad der Krankheit zu erzeugen, und so kam es, dass dadurch der Organismus geschädigt wurde und tödlich ausgingen.
Eine andere empirische Schutzimpfung kannte man seit langem in England. Melker und Melkerinnen, die sich bei der Arbeit mit den sogenannten Kuhpocken, die am Euter der Kühe vorkommen, an der Hand infiziert hatten, waren erfahrungsmäßig gegen Blattern geschützt.
Von diesen Erfahrungen und Beobachtungen ist Jenner ausgegangen und hat auf Grund jahrelanger Versuche die Schutzimpfung der Volksmedizin wissenschaftlich zu fundieren gesucht. Im Jahr 1796 übertrug Jenner die beim Melken erworbenen Kuhpocken von der Hand der Melkerin Sara Relmes auf den Knaben Fips. Er schreibt in einem Brief folgendes: „Doch nun hören Sie den erfreulichen Teil meiner Geschichte: Der mit den Kuhpocken geimpfte Knabe wurde nachher mit echter Blattenlympfe (Eiter von Blatternkranken) geimpft, die, wie ich zu prophezeien wagte, keinerlei Wirkung hervorrief.
Mit diesen Versuchen war die Schutzimpfung gegen Blattern geboren und ist als einer der größten Triumphe der prophilaktischen Medizin zu bezeichnen. Seit dieser Zeit wurde die Schutzimpfung vervollkommnet, indem man nicht mehr von Mensch zu Mensch impft, sondern den Impfstoff von Kälbern gewinnt. Die glänzenden Resultate der Schutzimpfung führten zu Impfgesetzen, und überall dort, wo die Impfung und Impfwiederholung obligatorisch durchgeführt wurde, sind die Blattern, die bis dahin eine der gefürchtesten Krankheiten waren, vollständig ausgerottet worden. Die Statistiken dieser Länder sind das beste Zeugnis für die Wirksamkeit der Schutzimpfung und die beste Waffe gegen die gewissenlose agitatorische Tätigkeit der Impfgegner, die sich aus Naturärzten und Kurpfuschern zusammensetzen.
Schon zu Jenners Zeiten hatte der Entdecker mit Widersachern zu kämpfen. Spottschriften, Karikaturen und Pamphlete wurden gegen ihn veröffentlicht, ja es wurde sogar behauptet, dass die mit Kuhpocken Geimpften das Aussehen von Rindern bekämen, und diese Behauptung wurde sogar mit „Abbildungen“ belegt.
Bis in die neueste Zeit hat dieser Kampf nicht aufgehört. Auch in Österreich hatte die Schutzimpfung große Widerstände zu überwinden, und Dr. Ritter von Carro, dem die Einführung der Schutzimpfung in Österreich zu danken ist, hatte anfangs große Schwierigkeiten. Heute sind es 125 Jahre, seitdem Carro durch direkte Vermittlung Jenners den Impfstoff aus England in Österreich eingeführt und auf diese Weise planmäßig gegen die schreckliche Seuche den Kampf aufgenommen hat. Am 10. Mai 1799 hat Carro seine Söhne geimpft und damit das Fundament für den Ausbau der Schutzimpfung gelegt. Trotzdem durch das Jahrhundert immer wieder gezeigt worden ist, welche Bedeutung der Schutzimpfung in der Bekämpfung der Blattern zukommt, sind die Stimmen der Gegner nicht verstummt. Und auch hier in Wien haben sich immer wieder Leute gefunden, die gegen den Fortschritt ankämpfen. Aus der Flugschrift eines Wiener Impfgegners sei folgendes entnommen: „Man kann die Impfung betrachten wie man wolle, man muss zu den Schluss kommen, dass dies vom medizinischen Standpunkt eine Blutvergiftung, vom juridischen eine Körperverletzung, vom rechtlichen eine Verletzung der persönlichen Freiheit, vom religiösen Standpunkt eine Gotteslästerung, im ganzen also Wahnsinn oder Verbrechen ist. Wir Naturärzte wissen, dass die Blattern eine eminente Heilkrise sind, die, wie ein Gewitter die Natur reinigt, dies auch beim Menschen macht,“ Ein anderes Pamphlet in Versen schließt folgendermaßen: „Doch niemals wird der Kampf um dieses Thema enden, als bis die Impflanzette euch entfällt.“
In Anbetracht der vorliegenden glänzenden statistischen Beweise vom ganzen Erdball können wir den Impfgegnern nichts weiter auf solche Ausführungen entgegnen, als jenes berühmte Schiller Wort von der Dummheit, gegen die Götter selbst vergebens kämpfen.
Eine sehr berühmte Persönlichkeit ist ebenfalls an Pocken erkrankt – Kaiserin Maria Theresia und diese Nachricht im Mai 1767 erschütterte das gesamte Habsburgerreich. Nach knapp einer Woche konnte Entwarnung gegeben werden, die Herrscherin befand sich auf dem Weg der Besserung. Maria Theresia hatte ihre Schwiegertochter Maria Josepha gepflegt und dabei angesteckt. Joseph II,. hatte durch diese Krankheit beide Frauen verloren.
Edward A Jenner war ein englischer Landarzt, 17. Mai 1749 – 26. Jänner 1823 Berkeley, England
Dr. Jean de Carro, 8. August 1770 in Genf – 12- März 1857 in Karlsbad, Böhmen.
QUELLE: Neues Wiener Journal, 19. Mai 1924, S 4. Wikipedia, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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