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(Con)temporary Fashion Showcase im Geymüllerschlössel: Susanne Bisovsky#

Das Geymüllerschlössel in Pötzleinsdorf (Wien 18) wurde nach 1808 im Auftrag des Wiener Handelsherrn und Bankiers Johann Jakob Geymüller (1760–1834) als „Sommergebäude“ errichtet und ist heute einer der wenigen Orte in Österreich, an dem sich ein originalgetreuer Einblick in die Vielfalt biedermeierlicher Ausstattungskunst bietet. In seiner Architektursprache zeigt das Gebäude selbst die am Beginn des 19. Jahrhunderts vor allem für Lustgebäude übliche Mischung von gotischen, indischen und arabischen Stilelementen. Seit 1965 wurde das Schlössel als Außenstelle dem MAK angegliedert. Dazu zählen auch die bedeutende Sammlung von Franz Sobek – 160 Altwiener Uhren von erlesener Qualität aus der Zeit zwischen 1760 und der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – und Mobiliar aus den Jahren 1800 bis 1840.

Renovierungen Ende der 1980er Jahre versetzten die Fassade und Teile der Ausmalung der Innenräume wieder in den Originalzustand. Großes Augenmerk wurde dabei der textilen Ausstattung des Gebäudes und der Tapezierung der Möbel geschenkt, sodass das Geymüllerschlössel heute der einzige Ort in Österreich ist, an dem sich ein originalgetreuer Einblick in die Vielfalt biedermeierlicher textiler Ausstattungskunst bietet.Ab der Saison 2022 ist das Objekt als (CON)TEMPORARY FASHION SHOWCASE ein der Mode gewidmeter, diskursiver Ort.

Bis 28. August 2022 zeigt Susanne Bisovsky ausgewählte Ensembles in ihrem unverkennbaren „Wiener Chic“. Die außergewöhnlichen Kreationen entstammen ihrer Auseinandersetzung mit einem riesigen materiellen und immateriellen Fundus und Bisovskys spielerischer und fundierter Annäherung an Mode, handwerkliche Techniken und Kostümkunde. Weit weg von den kurzlebigen Trends internationaler Mode- und Textilproduktion transferiert Bisovsky ein nur scheinbar aus der Zeit gefallenes Bild einer „Schönen Wienerin“ in die Gegenwart. Sie präsentiert ihre idealtypische Weltstädterin als eine Art Huldigung und idealisierte Personifikation ihrer Vorstellung von Wien, wo sie seit über drei Jahrzehnten lebt und arbeitet.

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Bisovsky übersetzt historische Versatzstücke und Zitate ins Jetzt und überführt sie in eine – für ihren Stil typische − Zeitlosigkeit. Häufig wiederkehrende Elemente in Bisovskys Designs und den aus ihrer Feder stammenden Inszenierungen sind Bezüge zu regionalen Gewandformen. Durch eklektische Kombinationen verlieren sie jedoch ihre eindeutige Lesbarkeit und wirken sogleich „international“. Ihr „Chic Slavique“ mag beispielsweise an die mexikanische Malerin Frida Kahlo erinnern, entsteht aber durch das Kontrastieren heterogener Elemente wie etwa farbenfroher Webteppiche aus Rumänien und der typisch österreichischen Goldhaube. Ein paillettenbesetztes Oberteil der Everlasting Collection No. 2 als Interpretation eines Ausseer Flinserls, eines traditionellen Faschingskostüms, erweckt Assoziationen zu den typischen Paillettenstickereien polnischer Trachtenwesten.

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Der Einsatz von auffälligem Kopfschmuck, volumenspendenden Unterröcken, Spitze sowie üppiger Rüschen, Fransen und Blumenmotive kennzeichnet Susanne Bisovskys Repertoire. Gemeinsam mit gekonnten Rückgriffen auf traditionelle Techniken wie z. B. den Blaudruck oder die Einbettung leonischer Waren sorgt dies für einen hohen Wiedererkennungswert. Bezüge zu Bekleidungstraditionen eines einstmals größeren Österreichs liegen da nahe. Die rottonige Rosenstickerei eines Ensembles aus der Everlasting Collection No. 2 (2007) etwa zitiert Gewänder der Region Posavina, die das heutige Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien miteinander verbindet. Auffällig ist auch eine gehäkelte weiße Kreation aus der Kollektion Innocentia von 2011 mit Rüschen, die den kompletten Körper der Trägerin – einschließlich des Gesichts – verdeckt und damit eine weihnachtliche Symbolfigur (Ost-)Deutschlands wiedererweckt: das sorbische Bescherkind.

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Alle Fotos: (c) Doris Wolf