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Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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Page - 59 - in Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer

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Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 59 prägend. So führte Itten in seine Lehre gymnastische Übungen zur Lockerung und Ein- stimmung auf die anschließenden Rhythmusstudien ein, die Hölzel regelmäßig selbst betrieb.191 „Bewegung und Rhythmus als existentielles Urprinzip und als grundlegendes bildnerisches Organisationsprinzip“ waren so physisch unmittelbar erfahrbar.192 Zudem übernahm er Hölzels Kontrastlehre, seine auf Goethe zurückgehende Farbenkontrast- lehre und die Material-Studien.193 Itten ließ „Analysen“ nach alten Meistern anfertigen, bei denen die Studierenden einerseits den konstruktiv-gesetzmäßigen Aufbau der Bilder herausarbeiten sollten, um Fragen der Kontrastlehre und Bildkomposition nachzugehen. Andererseits dienten die Bildanalysen auch einer „gefühlsmäßigen“ Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk.194 Auch bei der Beschäftigung mit den Grundformen Quadrat, Dreieck und Kreis ging es um die symbolischen und qualitativen Werte der gegensätz- lichen Formen, die sowohl auf Ittens Studium bei Hölzel als auch Eugène Gilliard zu- rückzuführen sind.195 Zudem erneuerte Itten das Aktzeichnen, indem das Augenmerk nicht auf anatomische Präzision, sondern auf „Ausdrucksform“ und „innere Bewegung“ gelegt wurde.196 Die aus dieser Zeit erhaltenen Studien Friedl Dickers und Franz Singers verdeutlichen Ittens Unterrichtsübungen Aktzeichnen, Analyse alter Meister und Mate- rialstudium.197 Dicker und Singer genossen bei Itten eine ganzheitliche ästhetische Erziehung, die Körper und Geist gleichermaßen einbezog. Hierauf fußte auch Gertrud Grunows ab 1921 stattfindende „Harmonisierungslehre“, durch welche die Bauhaus-Idee einen „betont anthropologisch-psychologischen Akzent“198 erhielt.199 Grunows „Harmonisie- 191 Wick 1994b, S. 136. 192 Ebd., S. 138. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen der Vorlehre die Musikpä- dagogin Gertrud Grunow ab 1921 einen „Harmonisierungskurs“ am Bauhaus leitete, der zunächst in Kleingruppen und ab Wintersemester 1921/1922 als Einzelunterricht geführt wurde. Ihre Assis- tentin Hildegard Heitmeyer kommentierte Grunows Unterricht wie folgt: „Sich durch innere Vor- stellung ganz unter den Eindruck einer Farbe stellen, andererseits einen Ton ganz in uns aufzuneh- men, bis er unser Eigen wird und in unserem Körper klingt, und sich davon bewegen lassen, ganz frei, wie es der Körper verlangt, und wie er dann allmählich selber seine Ordnung findet, das ist das Neue, was Gertrud Grunow bringt und wodurch sie sich von allen anderen Bewegungsmethoden unterscheidet.“ Siehe: Steckner 1994, S. 202–204. 193 Wick 1994b, S. 134. 194 Ebd., S. 134, 148. 195 Ebd., S. 140–141. 196 Ebd., S. 147. 197 Unterrichtsstudien von Franz Singer und Friedl Dicker sind im BHA erhalten. Weitere Zeichnun- gen Dickers befinden sich im UAKKA und in Privatbesitz. Fotografien aus dem BHA und dem AAD/V&AM zeigen auch Materialstudien von Franz Singer. Siehe: BHA, Fotosammlung, Franz Singer, Inv.-Nr. 7226/4, 7226/7, 7227/20. 198 Düchting 1996, S. 45. 199 Steckner 1994, S. 202–204. © 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
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Bauhaus in Wien? Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Title
Bauhaus in Wien?
Subtitle
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Author
Katharina Hövelmann
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-205-21316-1
Size
17.4 x 25.6 cm
Pages
492

Table of contents

  1. 1 Einleitung 9
  2. 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
  3. 1.2 Forschungsstand 10
  4. 1.3 Quellenlage 15
  5. 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
  6. 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
  7. 2.1 Die Zeit in Wien 27
  8. 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
  9. 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
  10. 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
  11. 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
  12. 2.2.2 Unterricht 56
  13. 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
  14. 3 Berufliche Anfänge 89
  15. 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
  16. 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
  17. 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
  18. 3.2.2 Die Auflösung 114
  19. 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
  20. 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
  21. 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
  22. 4.3 AuftraggeberInnen 140
  23. 4.4 Strategien der Bewerbung 147
  24. 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
  25. 4.4.2 Fotografie 154
  26. 4.4.3 Publikationen 157
  27. 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
  28. 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
  29. 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
  30. 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
  31. 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
  32. 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
  33. 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
  34. 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
  35. 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
  36. 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
  37. 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
  38. 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
  39. 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
  40. 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
  41. 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
  42. 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
  43. 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
  44. 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
  45. 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
  46. 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
  47. 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
  48. 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
  49. 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
  50. 5.4.5 Kachelöfen 302
  51. 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
  52. 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
  53. |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
  54. 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
  55. 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
  56. 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
  57. 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
  58. 5.5.3.1 Einwohnräume 339
  59. 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
  60. 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
  61. 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
  62. 6 Resümee und Ausblick 417
  63. 7 Anhang 425
  64. 7.1 Quellentexte 425
  65. 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
  66. 7.3 Archive und Sammlungen 431
  67. 7.4 Literatur 436
  68. 7.5 Webseiten 473
  69. 7.6 Bildnachweis 477
  70. 7.7 Abkürzungen 480
  71. 7.8 Abstract 481
  72. 7.9 Register 482
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