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Bauhaus in Wien? - Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
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AuftraggeberInnen 145 Paul Stein war neben seiner Tätigkeit als Arzt Funktionär der „Sozialdemokratischen Ärzte“ sowie Chefredakteur des medizinischen Teils der „Arbeiterzeitung“.128 Der Verleger Sigmund Rubinstein, ebenfalls ein Auftraggeber, publizierte 1921 sein Buch Romantischer Sozialismus. Ein Versuch über die Idee der deutschen Revolution.129 Größtenteils waren die AuftraggeberInnen wie Dicker und Singer jüdisch. An den Ein- trägen des Wiener Adressbuchs ist ihre Verfolgung nach dem „Anschluss“ von Österreich 1938 deutlich ablesbar. Häufig erscheinen die BewohnerInnen der Wohnungen oder InhaberInnen der Geschäfte im Adressbuch ab 1938/1939 nicht mehr, da sie emigrierten oder vom NS-Regime verfolgt wurden. Die Vermögensakten aus dem Österreichischen Hauptstaatsarchiv – 1938 mussten Juden in Österreich ihre Besitztümer angeben – le- gen Zeugnis über die Schicksale der AuftraggeberInnen ab. Zum Teil konnten sie noch rechtzeitig flüchten und emigrierten vorwiegend nach Palästina und Großbritannien, in die USA sowie nach Südamerika. Ihre Geschäfte mussten sie unter Wert verkaufen. Else Fritz’ Modesalon wurde beispielsweise für 20.000 Reichsmark verkauft und „arisiert“. Sie heiratete nach Schweden und konnte so dem NS-Regime entkommen.130 Auch der Verlag des bereits 1932 verstorbenen Hans Epstein wurde „arisiert“.131 Das Vermögen von Rudolf Kriser, der Inhaber des Modesalons Lore Kriser & Co. war, wurde 1941 beschlagnahmt.132 Er floh mit seiner Frau Dolly nach Südamerika, wo er als Zeichner von Schnitten tätig war. Nach dem Krieg wurde er vom „Österreichischen Hilfsfonds für politisch Verfolgte“ entschädigt.133 128 In einem Bericht über einen Kongress für Sexualreform wird Paul Steins fortschrittliche Haltung deutlich: „Zahlreiche Redner sprachen auf dem Kongreß über die unseligen Wirkungen jener Se- xualmoral, die die bürgerliche Gesellschaft als eine ‚Stütze der Gesellschaft‘ bewahrt wissen will, die aber aus vielen Gründen viel sexuales Unheil verschuldet. [...] Diese Moral schädigt vor allem aber die Frauen. Sie will den Frauen nicht zubilligen, was den Männern freisteht, sie will auch selbständig arbeitenden, ehelosen Frauen ihre Freiheit nicht gönnen, sie verfemt noch immer die alleinstehende Frau, die einen Liebesgefährten gefunden hat, und sie verfemt das uneheliche Kind und stellt es dem ehelichen nicht gleich an Recht und Geltung.“. Siehe: Kongreßbericht, 11, 1930. Zitiert nach: Kat. Ausst. Jüdisches Museum 2004, S. 169–170. 129 Sint 1988, S. 310. 130 Siehe: ÖStA/AdR E-uReang VVSt VA Buchstabe F 50055 Fritz, Else, 1.4.1887, 1938–1945 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut, Dossier, File)). 131 Hall 1985, S. 119–122. 132 ÖStA/AdR E-uReang VVSt VA Buchstabe K 39305 Kriser, Rudolf, 8.10.1885, 1938–1945 (Akt (Sammelakt, Grundzl., Konvolut, Dossier, File)). 133 ÖStA/AdR E-uReang AHF K Kriser Rudolf Kriser, Rudolf, 08.10.1885, 1955–1962 (Akt (Samme- lakt, Grundzl., Konvolut, Dossier, File)). © 2021 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH https://doi.org/10.7767/9783205213161 | CC BY-NC 4.0
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Bauhaus in Wien? Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Title
Bauhaus in Wien?
Subtitle
Möbeldesign, Innenraumgestaltung und Architektur der Wiener Ateliergemeinschaft von Friedl Dicker und Franz Singer
Author
Katharina Hövelmann
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-205-21316-1
Size
17.4 x 25.6 cm
Pages
492

Table of contents

  1. 1 Einleitung 9
  2. 1.1 Ein vergessenes Kapitel Wiener Design- und Architekturgeschichte 9
  3. 1.2 Forschungsstand 10
  4. 1.3 Quellenlage 15
  5. 1.4 Forschungsziele und Methodik 21
  6. 2 Dickers und Singers künstlerische Ausbildung im Zeichen von Kunstschulreform und Lebensreformbewegung 27
  7. 2.1 Die Zeit in Wien 27
  8. 2.1.1 Herkunft und Ausbildung bis 1916 27
  9. 2.1.2 Kunstschule Johannes Itten und Netzwerke 1916–1919 33
  10. 2.2 Studienzeit am Bauhaus in Weimar 1919–1923 47
  11. 2.2.1 Die Wiener Gruppe um Johannes Itten 47
  12. 2.2.2 Unterricht 56
  13. 2.2.3 Erste Architekturentwürfe – Vier Einfamilienhäuser 77
  14. 3 Berufliche Anfänge 89
  15. 3.1 Aufträge für Theater in Dresden und Berlin 1921–1922 89
  16. 3.2 Werkstätten Bildender Kunst GmbH, Berlin 1923–1926 92
  17. 3.2.1 Arbeiten für Die Truppe 107
  18. 3.2.2 Die Auflösung 114
  19. 4 Die Wiener Ateliergemeinschaft 1925–1938 117
  20. 4.1 Die Zusammenarbeit von Dicker und Singer 1925–1931 117
  21. 4.2 Architekturfachkenntnis im Hintergrund – Die AteliermitarbeiterInnen 134
  22. 4.3 AuftraggeberInnen 140
  23. 4.4 Strategien der Bewerbung 147
  24. 4.4.1 Axonometrie und Modell 147
  25. 4.4.2 Fotografie 154
  26. 4.4.3 Publikationen 157
  27. 4.5 Dickers und Singers Wege ab 1933/1934 162
  28. 5 „Das moderne Wohnprinzip“ – Zwischen Bauhaus und Wien 173
  29. 5.1 Das Bauhaus als Basis 173
  30. 5.2 Zur Situation in Wien – Innenraumgestaltung und Architektur 175
  31. 5.2.1 Die Wiener Moderne um 1900 175
  32. 5.2.2 Wien in der Zwischenkriegszeit 177
  33. 5.3 Theorie und Anspruch der Ateliergemeinschaft 182
  34. 5.4 Einrichtungsgegenstände: Möbel, Leuchten und Kachelöfen 185
  35. 5.4.1 Vom Einzelstück zur Typisierung – Frühe Möbel 1925–1929 185
  36. 5.4.1.1 Bauhaus und De Stijl als Vorbild 185
  37. 5.4.1.2 Verwandelbarkeit als Prinzip 202
  38. 5.4.1.3 Verbindungen zum Wiener Jugendstil und Biedermeier 210
  39. 5.4.1.4 Zwischen sozialem und künstlerischem Anspruch: Typisierungstendenzen 216
  40. 5.4.1.5 Möbeltischler und Hersteller 228
  41. 5.4.2 Wege zur Serienfabrikation – Stahlrohr- und Sperrholzmöbel 1929–1938 230
  42. 5.4.2.1 Der Stahlrohrstapelstuhl von Bruno Pollak 234
  43. 5.4.2.2 Stahlrohrmöbelentwürfe der Ateliergemeinschaft 238
  44. 5.4.2.3 Hersteller und Produktionsversuche der Stahlrohrmöbel 251
  45. 5.4.2.4 Entwürfe für die Firma Metz & Co 253
  46. 5.4.2.5 Sperrholzmöbel 261
  47. 5.4.2.6 Produktionsversuche der Sperrholzmöbel 264
  48. 5.4.3 Eine Welt für Kinder – Kindermöbel und Baukastenspiele 1927–1938 266
  49. 5.4.4 Leuchten und andere Metallarbeiten 289
  50. 5.4.5 Kachelöfen 302
  51. 5.5 Raumgestaltungen und Architektur 309
  52. 5.5.1 Verwendung von Farbe als Gestaltungsmittel 309
  53. |5.5.2 Intervention im Haus Moller von Adolf Loos und im dazugehörigen Garten 319
  54. 5.5.2.1 Ein neu entdeckter Möblierungsentwurf 319
  55. 5.5.2.2 Das Zimmer für Anny Wottitz-Moller 334
  56. 5.5.2.3 Das Gartenhaus 337
  57. 5.5.3 Wohnkonzepte auf kleinster Fläche 339
  58. 5.5.3.1 Einwohnräume 339
  59. 5.5.3.2 „Wachsende Häuser“ – Entwürfe für Kleinhauswohnbauten in Palästina 362
  60. 5.5.4 Fulminanter Höhe- und Endpunkt – Das Gästehaus Auersperg-Hériot 379
  61. 5.6 Epilog: Sozialer Anspruch oder Zeitgeist? – Eine kritische Bewertung 411
  62. 6 Resümee und Ausblick 417
  63. 7 Anhang 425
  64. 7.1 Quellentexte 425
  65. 7.2 Biografie Friedl Dicker / Franz Singer 428
  66. 7.3 Archive und Sammlungen 431
  67. 7.4 Literatur 436
  68. 7.5 Webseiten 473
  69. 7.6 Bildnachweis 477
  70. 7.7 Abkürzungen 480
  71. 7.8 Abstract 481
  72. 7.9 Register 482
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