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2. Bekräftigung eines humanistischen Ansatzes 39
Indem wir den Geltungsbereich der Bildung in dieser Weise ausdehnen, kann sie trans-
formativ sein und zu einer nachhaltigen Zukunft für alle beitragen. Gestützt auf dieses
ethische Fundament sind kritisches Denken, unabhängiges Urteilen, das Lösen von
Problemen sowie Informations- und Medienkompetenz der Schlüssel zur Entwicklung
transformativer Haltungen. Ein integrierter, humanistischer Bildungsansatz, wie er
im Delors-Bericht von 1996 präsentiert wird, ist in der heutigen Welt, in der Nach-
haltigkeit zu einem zentralen Aspekt globaler Entwicklung geworden ist, von noch
grösserer Relevanz. Die Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung, bei der das
wirtschaftliche Wachstum durch ökologische Verantwortlichkeit und Bemühungen um
soziale Gerechtigkeit geleitet wird, erfordern einen integrierten Bildungsansatz, der auf
verschiedene soziale, ethische, wirtschaftliche, kulturelle, staatsbürgerliche und spiri-
tuelle Aspekte eingeht.
Wir brauchen einen ganzheitlichen Bildungs- und Lernansatz, der die herkömmlichen
Dichotomien zwischen kognitiven, emotionalen und ethischen Aspekten überwindet.
Die Überwindung der Dichotomie zwischen kognitiven und anderen Formen des Ler-
nens wird zunehmend als etwas für die Bildung Entscheidendes aufgefasst. Das
gilt selbst für jene, die sich mit dem Messen von Lernleistungen in der Schulbildung
befassen. In jüngster Zeit wurden vermehrt ganzheitliche Bewertungsrahmen vor-
geschlagen, die über die herkömmlichen Domänen des akademischen Lernens hinaus-
reichen und beispielsweise soziales und emotionales Lernen oder Kunst und Kultur
ein beziehen.58 Diese Versuche zeigen, dass es (wie inzwischen erkannt) notwendig ist,
über das konventionelle akademische Lernen hinauszugehen – trotz ernsthafter Vor-
behalte in der Frage, ob sich ein derart wichtiges emotionales, soziales und ethisches
Lernen durch Messungen überhaupt erfassen lässt, noch dazu auf globaler Ebene.
Neuinterpretation und Schutz der vier Säulen der Bildung
Eines der einflussreichsten Konzepte des Delors-Berichts von 1996 war das der vier
Säulen der Bildung. Die formale Bildung räume gewissen Arten von Wissen Vorrang
ein und vernachlässige andere, die für eine nachhaltige menschliche Entwicklung ent-
scheidend seien. Bei jedem organisierten Lernen müssten alle vier Säulen gleich viel
Aufmerksamkeit erhalten:59
• Lernen, Wissen zu erwerben – eine breite Allgemeinbildung zu erwerben mit der
Möglichkeit, eine kleinere Zahl von Disziplinen vertieft zu studieren.
• Lernen, zu handeln – nicht nur berufliche Qualifikationen zu erwerben, sondern auch
die Kompetenz, sich auf neue Situationen einzustellen und im Team zu arbeiten.
58 Siehe z. B. die Arbeit der internationalen Learning Metrics Task Force.
59 Delors, J. et al. 1996. Lernfähigkeit: Unser verborgener Reichtum. Paris, UNESCO.
Bildung überdenken
Ein globales Gemeingut?
- Title
- Bildung überdenken
- Subtitle
- Ein globales Gemeingut?
- Editor
- Schweizerische UNESCO-Kommission
- Deutsche UNESCO-Kommission
- Österreichische UNESCO-Kommission
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-033-05613-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 96
- Category
- Geisteswissenschaften