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bis zu Lothars Tod dauern sollte, war Der Hellseher.76 Der 1929 in einer Aufage
von 10.000 Stück erschienene Roman wurde allerdings kein buchhändlerischer
Erfolg, das Stammhaus des Verlags ĂĽbergab den Lagervorrat von fast 4000
Hellseher-
Exemplaren an die Bibliothek zeitgenös
sischer Werke in ZĂĽrich. Im
März 1932 erschien eine Neuausgabe, und bis 1934 wurde die Aufage an den
Restbuchhandel verkauft.77 Allerdings gehörte Lothar ab 1933 in Deutschland
zu den »nicht mehr genehmen« Autoren und hatte daher mit Absatzschwie-
rigkeiten seiner Bücher zu kämpfen.78
Auch wenn die Buchvermarktung im deutschsprachigen Raum nicht so gut
funk
tionierte, durch die Verwertung der Nebenrechte (Film- und Ăśbersetzungs-
rechte) konnten doch Tantiemen erzielt werden. Der Hellseher wurde 1931 von
Beatrice Ryan zunächst ins Eng
lische und 1932 ins Amerikanische ĂĽbertragen.79
Im März 1932 vertrieb die Book League of America das Buch unter dem Titel
The Clairvoyant,80 und 1934 wurde es auch verfilmt. Die Hauptdarsteller waren
Claude Rains und Fay Wray, Regie fĂĽhrte Maurice Elvey. Am 7. Juli 1935 feierte
der 81-minĂĽtige Schwarz-
WeiĂź- Film in New York City Premiere, am 15. Juli
des Jahres lief er dann in den anderen Städten an.
Der Roman eignete sich als Vorlage fĂĽr einen Thriller: Sebastian Trux, ein
schlichter junger Mann, aus der Provinz nach Hamburg verpfanzt,81 um Kar-
riere zu machen, hat die Gabe, aus Handschriften Vergangenes, Gegenwärtiges
und auch Zukünftiges lesen zu können. Seine Fähigkeit führt ihn, nachdem er
den Tod des reichen armenischen Industriellen Rafael Bassan vorausgesagt und
dessen Frau für sich gewonnen hat, in die höheren Gesellschaftskreise, die sich
fĂĽr ihn als die falschen herausstellen. Er verpfichtet sich bei dem gerissenen
Manager James Bimeter, als Hellseher durch Europa zu touren und vor einem
Massenpublikum aufzutreten. Als er von dem Selbstmord eines seiner Klienten
76 EL: Der Hellseher. Roman. 1.–10. Tsd. Berlin, Wien, Leipzig: Paul Zsolnay Verlag 1929.
525 S. – Ein Auszug aus dem Roman wurde sowohl 1929 in Velhagen & Klasings Monatsheften
als auch 1930 im Jahrbuch des Zsolnay Verlags abgedruckt.
77 Vgl. dazu Murray G. Hall: Der Paul Zsolnay Verlag, S. 350.
78 Vgl. Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918 – 1938, S. 522.
79 Beim New Yorker Verlag Kinsey erreichte das Buch anscheinend zwei Auflagen. – Im März 2007
erschien eine 368 Seiten starke Neuauflage des Buchs bei Kessinger Publishing Co. in Montana.
Der Verlag hat sich darauf spezialisiert, seltene und/oder vergriffene BĂĽcher neu zu drucken.
80 Vgl. New York Times, 20. 2. 1932, S. 13; Neue Freie Presse, 30. 4. 1932, S. 9.
81 Lothar hatte »das fingierte Hamburg im ›Hellseher‹ […] aus einem Reisehandbuch beschrieben;
u. ebenso die borromeischen Inseln, etc., etc.« (Brief von EL an AG. [Colorado,] 25./26. Januar
1942. WBR, ZPH 922a).
1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor
sind«66
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Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar HeiĂźler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478