Page - 107 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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nur wenig geändert – wurde als »wahre Meisteraufführung« bezeichnet, »deren
gleichen das Stück vielleicht überhaupt noch nie erlebt hat«.47
Am 6. November wurden zwei Stücke gezeigt: Monsignores große Stunde
von Emmet Lavery in der deutschen Fassung von Friedrich Schreyvogl sowie
Giraudoux’ zweiaktige Komödie La Guerre de Troie n’aura pas lieu, hier in der
deutschen Uraufführung mit dem Titel Es kommt nicht zum Krieg. Bei beiden
Stücken führte Ernst Lothar Regie, beide thematisieren Krieg und Frieden.
Die Wiener Theaterkritiker lobten erneut die »mutige« Stückwahl:48 »Hier ist
nicht nur unend lich Wichtiges ausgesprochen, das unsere Zeit bewegt, es ist
auch in vollendeter Weise dargestellt, in einer Weise, die eine wichtige Probe
auf den Ernst und den Geschmack unseres Publikums bilden wird. Nochmals:
Es ist unsere Sache, die sich hier begibt.« 49 Die an dem Festabend anwesenden
Zuschauer waren begeistert,50 allerdings muss zu »Ernst und Geschmack« des
Wiener Publikums gesagt werden, dass es Monsignores große Stunde und Es kommt
nicht zum Krieg auf durchschnitt
lich 30 Aufführungen brachten. Im Theater in
der Josefstadt liefen die Komödien und Unterhaltungsstücke besser als die Dra-
menaufführungen, Erstere brachten es im Durchschnitt auf 30 Vorstellungen,
Letztere maximal auf 30. Die Komödien Der erste Frühlingstag und Matura sowie
die Lustspieloperette Hochzeitsreise zählten mit mehr als 70 Aufführungen zu
den erfolgreichsten Stücken unter Lothars Direk tionszeit.
Das Jahr 1936 brachte darüber hinaus ein Ereignis, das Lothar auch noch Jahre
darauf beschäftigen sollte und das die Situa tion vieler jüdischer Emigranten
sowie die wachsende antisemitische Stimmung in Österreich zwei Jahre vor dem
»Anschluss« widerspiegelte: In diesem Sommer näm
lich sprach über Vermittlung
Helene Thimigs ein Bergbauer namens Kaspar Brandhofer, der die Berufung
zum Schauspieler in sich verspürte, bei Max Reinhardt in Leopoldskron vor.
Dieser erkannte in dem Mann ein »seltsames Naturtalent« und versah ihn mit
einer »warme[n] Empfehlung an die Direk
tion des Theaters in der Josefstadt«.51
Brandhofer erzählte, dass er mit fünfzehn Jahren Josef Kainz im Burgthea-
ter gesehen habe, was in ihm den Wunsch, ebenfalls Schauspieler zu werden,
47 Reichspost, 13. 9. 1936, S. 13; vgl. auch Neues Wiener Tagblatt, 19. 9. 1935, S. 12; Wiener Bilder,
20. 9. 1936, S. 10.
48 Neue Freie Presse, 8. 11. 1936, S. 1 ff.; Wiener Zeitung, 8. 11. 1936, S. 9; Neues Wiener Tagblatt,
14. 11. 1936, S. 21; Prager Tagblatt, 14. 11. 1936, S. 7.
49 Neues Wiener Journal, 7. 11. 1936, S. 10 f., hier S. 11.
50 Darunter Kardinal Innitzer, der dem gesamten Wiener Klerus den Besuch des Stückes empfahl.
Vgl. Neues Wiener Journal, 11. 10. 1935, S. 10.
51 Prager Tagblatt, 4. 12. 1936, S. 6; Wiener Montagblatt, 14. 12. 1936.
1935 – 1938: Theater in der Josefstadt 107
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar Heißler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478