Page - 121 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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des Dramatikers aufzuführen. Zu Ehren des Jubilars wurde die österreichische
Erstaufführung seines zwölfbildrigen Schauspiels Hamlet in Wittenberg vor-
bereitet. Regie bei dieser Nachtvorstellung führte Walter Firner, der Gründer
und Leiter der Österreichischen Volksbühne. Er war 1933 aus Deutschland nach
Österreich emigriert und bot mit seiner Bühne u. a. auch gefüchteten jüdischen
Schauspielern die Mög
lichkeit, weiterhin ihren Beruf auszuüben. Das Ensemble
gastierte in Theatern und Volksbildungshäusern; im Herbst 1937 vertraute Ernst
Lothar der Österreichischen Volksbühne in seinem Haus literarische Studio-
aufführungen an, in denen auch Ensemblemitglieder der Josefstadt auftraten.
Durch die Eingliederung dieser Bühne profilierte sich das Theater in der Josef-
stadt abseits vom alltäg lichen Repertoirebetrieb als Spielstätte eines Emigran-
tenensembles.127 Hamlet in Wittenberg wurde, da es sich um eine Festvorstellung
handelte, nur einmal gespielt. Als nächste österreichische Erstaufführung brachte
die Österreichische Volksbühne, wieder unter der Regie Firners, im Theater in
der Josefstadt Giraudoux’ Schauspiel Der namenlose Soldat heraus. Anfang 1938
stand Walter Firner dann kurz vor der Eröffnung einer eigenen Kleinbühne
im ersten Wiener Gemeindebezirk und brachte als Abschiedsvorstellung die
Uraufführung von Hugo von Hofmannsthals Fünfakter Das gerettete Venedig
auf die Bretter der Josefstadt.
Mitte Januar 1938 traf Lothar mit der neu gegründeten Vereinigung der
»Freunde neuzeit licher Dramatik«, die neue Bühnenwerke durch weniger
bekannte Schauspieler und Spielleiter aufführen lassen wollte, die Vereinba-
rung, dass deren erste Bühnenveranstaltung im Theater in der Josefstadt statt-
finden könne. Es handelte sich hierbei um die österreichische Erstaufführung
von Ferdinand Bruckners 1936 veröffent
lichter Komödie Napoleon der Erste,128
welche als Studioaufführungen der Vereinigung an drei aufeinanderfolgenden
Abenden (25., 26. und 27. Januar) in Szene ging.
Ernst Lothar setzte auch 1938 seine literarischen Morgenfeiern im Theater in
der Josefstadt fort: Am 23. Januar fand die Matinee »Österreich im Gedicht« statt.
Das Programm begann mit einer »ebenso klugen wie formschönen Ansprache«
Lothars,129 danach trugen die Ensemblemitglieder Lyrik von Beer-
Hofmann,
127 Hilde Haider- Pregler: Exilland Österreich, S. 112.
128 Zunächst hieß es gerüchtehalber, dass Lothar Bruckners Drama mit Schauspielern seines
eigenen Ensembles besetzen wolle; Lothar hatte bereits 1936 Interesse an einer Inszenierung
des Stücks gezeigt. Vgl. Brief von Franz Theodor Csokor an Ferdinand Bruckner. Wien,
20. November 1936. Abgedruckt in: Franz Richard Reiter (Hg.): Franz Theodor Csokor, S. 127.
129 Neues Wiener Journal, 24. 1. 1938, S. 2; Reichspost, 26. 1. 1938, S. 10.
1935 – 1938: Theater in der Josefstadt 121
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar Heißler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478