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vorerst die alten Bestände an Pappbänden zu veräußern. Eine der ersten Fra-
gen, die ein eventueller Abnehmer stellt, lautet: Ist das Buch auch wieder poli-
tisch?« 144 Im März 1949 war die Frankfurter Büchergilde Gutenberg »praktisch
mit der Herausgabe« des Engels beschäftigt. Der Silberboot-
Verlag ging davon
aus, dass die Gilde die Rechte an dem Buch von Schoenhof erworben habe
oder dass in Deutschland mit dem Engel vonseiten der zuständigen ameri-
kanischen Behörde »etwas ähn liches passiert ist,145 wie hier in Österreich mit
dem Buch ›The Prisoner‹« 146. All dies hätte eine Einschränkung der Rechte des
Silberboot-
Verlags bedeutet. Nach mehreren Verhandlungen mit verschiedenen
Büchergilden in Deutschland gelang es Ernst Schönwiese schließ
lich, mit der
BĂĽchergilde Stuttgart (Behrendt-
Verlag) zu einem Ăśbereinkommen zu gelangen.
Die BĂĽchergilde wollte eine Aufage des Engels von ca. 5000 StĂĽck produzieren,
das Buch sollte in Halbleder gebunden und um 6,50 DM an die Mitglieder der
Gilde abgegeben werden.147 Der Silberboot-
Verlag hatte sich zwar selbst um den
Verkauf in Deutschland bemĂĽht, konnte hier aber nur 600 Exemplare absetzen.
Allerdings, so die Rechtfertigung des Verlags, würden »in Deutschland von
Neuerscheinungen derzeit nur etwa 200 Exemplare abgesetzt werden«, »[s]omit
wäre der ›Engel‹ – noch dazu für ein österreichisches Buch, das[,] wie schon
bekannt, in Deutschland von allen Seiten sabotiert wird – mit 600 Exemplaren
sogar sehr gut gegangen« 148. Der Silberboot-
Verlag verkaufte nur die Rohbogen
ohne Nachdrucksrecht an die BĂĽchergilde.149
Der buchhändlerische Erfolg war mitentscheidend für die Idee, den Roman
zu verfilmen, daneben eignete sich Der Engel mit der Posaune »als Vorlage für
144 Brief des Verlags Das Silberboot an EL. Salzburg, 7. Juni 1948. WBR, ZPH 922a.
145 Anfang 1949 bot die ISB in Wien dem Silberboot-
Verlag die deutschen Rechte fĂĽr The Prisoner
an, der Verlag hatte sich bis Mitte Februar 1949 bezĂĽg
lich einer Ăśbernahme des Buchs zu
entscheiden (vgl. Brief von Ernst Schönwiese an EL. Salzburg, 24. Januar 1949. WBR, ZPH
922a). Die ISB kaufte Copyrights auf (so hatte sie bis zum März 1948 die Copyrights von
mehr als 100 BĂĽchern erworben) und bot die Titel in Ăśbersetzung den Verlegern an, wobei
die Behörde bei der Finanzierung, der Papierbeschaffung sowie beim Vertrieb behilf
lich war.
Auch vermittelte sie Nachdruck- und Ăśbersetzungsrechte bzw. fertige Ăśbersetzungen aus dem
Amerikanischen günstig an österreichische Verleger (vgl. dazu Hans Peter Fritz: Buchstadt
und Buchkrise, S. 87). Entschied sich der Verleger nicht rechtzeitig, wurde das Buch einem
anderen angeboten bzw. konnte es passieren, dass die Behörde mehreren Verlegern gleichzeitig
dasselbe Buch anbot.
146 Brief des Verlags Das Silberboot an EL. Salzburg, 14. März 1949. WBR, ZPH 922a.
147 Vgl. Brief des Verlags Das Silberboot an EL. Salzburg, 9. November 1949. a. a. O.
148 Ebd.
149 Vgl. Brief von Karl M. FraaĂź (Behrendt-
Verlag) an EL. Stuttgart, 28. Dezember 1950. a. a. O.
»Literatur-, theater- und Österreich-belastet« 269
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Ernst Lothar
- Subtitle
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Author
- Dagmar HeiĂźler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 484
- Keywords
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Category
- Biographien
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478