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44 Dem Professorenkollegium stand der Dekan vor, der einmal jährlich „aus der
Zahl der in ihm enthaltenen ordentlichen Professoren“ gewählt wurde. Die an der
Fakultät habilitierten Dozenten durften zwei Vertreter ins Professorenkollegium
entsenden, die „Sitz und beratende Stimme in allen zu verhandelnden Angelegen-
heiten“ erhielten. Somit lag die Entscheidungskompetenz bei Professoren, wäh-
rend den sonstigen Mitgliedern des Lehrkollegiums (Privatdozenten und sonstige
Lektoren) einer Fakultät lediglich eingeschränkt das Recht zu Beratung und zur
aktiven Wahl zustand (von studentischer Beteiligung war ohnehin keine Rede).7
Mitte der 1950er Jahre wurde dieses bisher in verschiedenen Rechtsquellen ver-
streute Organisationsprinzip in einem Gesetzestext zeitgemäß formuliert zusam-
mengefasst (Meister 1953, 9f) und auf die Hochschulen ausgeweitet, deren Rechts-
lage bis dahin streng genommen ungeklärt gewesen war (Fischer-Kowalski 1974,
588). Der bisherige Sektionschef für Hochschulen und eben erst ernannte, partei-
lose Unterrichtsminister Heinrich Drimmel legte die Arbeit vertrauensvoll in die
bewährten Hände altgedienter Professoren, allen voran Richard Meister (Drimmel
1968, 6). Somit ging es bei dieser Gesetzesinitiative, wie Meister betonte, um ein
„Erneuerungswerk der Gegenwart“ (Meister 1957, 229). Resultat war das Hoch-
schul-Organisationsgesetz (HOG), in dem die Zahl der bestehenden Hochschulen
als Bundesanstalten festgelegt, ihre Gliederung in Fakultäten bestimmt und die
Aufgaben und Kompetenzen der akademischen Behörden definiert wurden.8
Die dezentrale, weil in Fakultäten aufgeteilte Universität als „multiple Linien-
organisation“ (Fleck 2003)9 wurde durch eine zentralisierte Verwaltung im Bun-
desministerium für Unterricht ergänzt. Damit kam es zu geradezu symbiotischen
Beziehungen zwischen den HochschulprofessorInnen und den Ministeriumsbe-
amten der Hochschulverwaltung. In den Worten der Hochschulsoziologie bildeten
„academic oligarchy“ und „state authority“ den „continental mode of authority
distribution“ (Clark 1983, 125ff).
Die Frage der Autonomie der Hochschulen war nach 1945 auch deshalb
so relevant, weil die Gefahr bestand, dass die eben erst abgesetzten autoritären
Regime das Ansehen der Wissenschaften beeinträchtigen würden. Dies galt es zu
verhindern. Die Vertreter des Wissenschaftsbetriebs, die zum Großteil nach 1945
ihre Karrieren auf deutschsprachigem Boden möglichst ungebrochen fortsetzen
wollten, entwarfen Kontinuitätskonstruktionen (Ash 1995, 911ff).10 Neben die
Traditionskonstruktion, die im ehrwürdigen Alter (insbesondere der Universi-
tät Wien) sowie den Hochschulreformen des 19. Jahrhunderts verankert wurde,
gesellten sich die Konstruktion der Nationskontinuität Österreichs11 sowie die
Kontinuitätskonstruktion einer reinen (apolitischen) Wissenschaft, der eine diese
Reinheit permanent bedrohende Gesellschaft gegenüberstand. Als komplementäre
und vielfältig miteinander verzahnte Komponenten bildeten sie die ideologische
Grundlage für die hegemoniale Denkweise zur Gestaltung und Gestaltbarkeit des
Wissenschaftsbetriebes. Die gegebene Organisationsstruktur darin war unantast-
bar.
Richard Meister, Experte und Sprachrohr der Hochschulautonomie (Heiß
2005a, 34), hatte das zu einer ebenso knappen wie suggestiv-beschwörerischen
Formel amalgamiert: „Auf altehrwürdigem Brauch ruht [die Hochschule] und auf
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117