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die USA) und bezogen sich auf ein realistisches, also empirisch ausgerichtetes,
methodisch fundiertes Forschungskonzept.4 Sie sollten „der Förderung der Besten
dienen und verhindern, dass jüngere Universitätslehrer wegen der Bürde der Lehr-
verpflichtung nicht mehr zum Forschen kämen.“ (Ebd., 68) Damit waren inhalt-
liche Kriterien zur Auswahl von Kandidaten vorgegeben.
Gefördert wurde vor allem der Transfer von Europa in die USA. So ergänzte
auch das Fulbright Program die Foundations als Sponsor von US-Aufenthalten:
Zwischen 1951/52 und 1963/64 wurden österreichische WissenschaftlerInnen als
Fulbright Grantees in die USA geschickt.5 Der Großteil von ihnen waren Research
Scholars. Nur ein Fünftel gehörte der Kategorie der Visiting Lecturers an, näm-
lich 27 gegenüber 134 (siehe Darstellung 18). Ein Gastaufenthalt war vor allem für
jüngere und NachwuchswissenschaftlerInnen interessant; entsprechend waren die
Austrian Research Scholars überwiegend zwischen 25 und 40 Jahre alt.
Längerfristig dürfte sich ein Auslandsaufenthalt für österreichische Grantees
ausgezahlt haben. Doch kurzfristig – nach der Rückkehr – konnten sie sich hin-
sichtlich ihrer Karrieremöglichkeiten keine allzu großen Hoffnungen machen. Der
heimische Wissenschaftsbetrieb erwies sich ihnen gegenüber als wenig durchläs-
sig. Viele suchten daher ihr Glück weiterhin im Ausland.6
Wie wir gesehen haben, waren es vornehmlich die WissenschaftlerInnen aus
den USA, auf die sich unterschiedliche Interessen kaprizierten. Sie versprachen,
wissenschaftliche wie kulturelle Werte der neuen Weltmacht ins befreundete Aus-
land zu bringen. Es war das spezifische Know-how dieser ExpertInnen, das die
wissenschaftlichen und politischen Eliten im Partnerland – und hier besonders
in Österreich – in ein Spannungsfeld aus Ablehnung und faszinierter Anziehung
brachte. Neben dem Fulbright Program gab es in der Schiene des ProfessorInnen-
tauschs auch andere binationale Programme (unter anderem mit Großbritannien).
Doch das amerikanische Programm hatte in mehrfacher Hinsicht ein Alleinstel-
lungsmerkmal, wie wir später sehen werden.
GastprofessorInnen machten temporär Station, um Vorträge, Vorlesungen
bzw. Lehrveranstaltungen zu halten. Private Foundations finanzierten den Trans-
fer US-amerikanischer WissenschaftlerInnen nach Österreich, hauptsächlich im
außeruniversitären Bereich, etwa durch Unterstützung des Forum Alpbach und
des Salzburg Seminar in American Studies. Dort erhielten die Studierenden (vor
allem österreichische und deutsche) Gelegenheit, amerikanische Kapazunder wie
Margaret Mead und Talcott Parsons kennenzulernen.7 Auch das Projekt einer
Sommerschule für Wirtschaftswissenschaften, das von mehreren österreichischen
Emigranten vorgetragen wurde, erhielt zumindest einmal eine Finanzierung von
amerikanischer Seite. (Fleck 2005, 130f)8 Die etablierten Wissenschaftsinstitutio-
nen in Österreich blieben davon aber weitestgehend unberührt.9 Hier sind daher
jene Austauschbeziehungen zu untersuchen, die – so wie das Fulbright Program
– direkt mit den Hochschulen verklammert waren.
Marita Krauss verknüpft in ihrer Analyse der GastprofessorInnen an deutschen
und österreichischen Universitäten die Remigration von ehemals deutschen bzw.
österreichischen Wissenschaftlern nach 1945 mit den in dieser Zeit einsetzenden
„Impulse[n] für die Internationalisierung der deutschen Universitäten.“ (Krauss
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117