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gen hinsichtlich der Entsendung von Dozenten nach Österreich werde
machen müssen.“51
Der Vorschlag wurde abgeschmettert, und das ist nicht verwunderlich: Denn auch
wenn das den österreichischen Kommissionsmitgliedern vielleicht nicht klar gewe-
sen sein sollte, war das Memorandum ein Anschlag auf die programmatischen
Grundlagen des Fulbright Program. Dem Begehr aus Wien nachzugeben hätte für
das BFS geheißen, das Fulbright Program als Ganzes infrage zu stellen.
Statt einer schnellen Lösung geschah zunächst einmal gar nichts. Doch zehn
Monate später war das Thema neuerlich Gegenstand einer Besprechung. Mitt-
lerweile war ein weiteres Jahresprogramm durchgeführt worden. Wieder waren
äußerst negative Berichte amerikanischer Gäste an österreichischen Hochschulen
eingelangt. Insbesondere der vorzeitige Aufenthaltsabbruch des Historikers Eric
F. Goldman war brisant.52 Also wurden neuerlich vier Hochschulprofessoren zur
Teilnahme an der Sitzung eingeladen, die diesmal als „Observer“ im Protokoll Ein-
gang fanden. Ihre Auswahl orientierte sich diesmal auch deutlicher an den Schwer-
punkten American Studies und Social Sciences.53 Über den bereits erfolgten Vor-
stoß und die Ablehnung aus Washington im Vorjahr waren sie offensichtlich nicht
informiert worden. Sie griffen also unbedarft auf den ihnen eigenen Wissensbe-
stand zurück. So verwies der zugezogene Kirchenrechtler Willibald M. Plöchl in
seinem Vorschlag, das ganze Programm zu verändern, ausdrücklich auf das bri-
tisch-österreichische Austauschmodell:
„Ploechl reported that […] lecturers were invited only for short periods,
during which a limited number of talks were given at various institutions
of higher learning. These lectures were well attended as a rule. […] Ploechl
wondered whether this system could not be adopted under the Fulbright
program in Austria, and American visiting lecturers placed at several Aus-
trian institutions for about six weeks each.“54
Den Mitgliedern der Kommission war inwzischen klar, dass dies schlichtweg nicht
machbar war. Bemerkenswerterweise wurde dieses Eingeständnis aber nicht offen
ausgesprochen, sondern nur zwei eher technische Einwände vorgebracht. Erstens
merkte der Vorsitzende, E. Wilder Spaulding, an, die vorgeschlagene Änderung
würde vor allem „older professors with their larger families“ abschrecken. Zweitens
warf dann ausgerechnet Heinrich Drimmel ein, „that, in the majority of cases, only
such American professors applied for lectureships abroad who received a year’s leave
of absence.“55
Anschließend kam es in dieser Debatte noch zu zwei weiteren Änderungsvor-
schlägen. Der erste davon war ebenfalls substanziell, ging aber genau in die ent-
gegengesetzte Richtung zu dem, was die österreichischen Vertreter bisher im Kopf
hatten. Der anwesende Vertreter des Department of State, Vaugn DeLong, schlug
vor, die Aufenthaltsdauer der Gastprofessoren auf zwei bis drei Jahre auszuweiten.
Dies würde in anderen Ländern unter dem Fulbright Program bereits erfolgreich
angewendet.56 Eine Diskussion gab es dazu allerdings nicht. Stattdessen wurde dem
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117