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wissenschaften an der philosophischen Fakultät der Universität Wien vermittelt
werden. Die Probleme rund um seinen Aufenthalt im Programmjahr 1953/54
hatten, wie in Kapitel 4 angemerkt, zu einer erneuten Grundsatzdiskussion über
das US-Visiting Lecturers-Programm geführt. Dabei entsprach gerade Goldman
der von Drimmel kurz zuvor so eindringlich geforderten Kategorie der „profes-
sors of high standing“.67 Dennoch – oder vielleicht auch gerade deshalb – dürfte
Goldman während seiner Anwesenheit für einige Unruhe in der Kommission
gesorgt haben.
Die Probleme begannen schon mit seiner Einladung, die nicht der üblichen
Prozedur im Fulbright Program folgte. Vielmehr dürfte Walter Johnson, Profes-
sor für Geschichte an der University of Chicago und zu der Zeit Vorsitzender des
BFS, Goldman persönlich zu der Teilnahme überredet haben. Die informelle Note
aus Washington an den Kommissionsvorsitzenden E. Wilder Spaulding berichtete
weiters:
„Goldman has indicated that he has not sought the grant, but responded
to the encouragement from Dr. Johnson and the Conference Board feel-
ing that he might contribute to the educational exchange program if his
services were desired. We want very much to have him feel that he is fully
utilized, which is apparently his concern, and that he is given the opportu-
nity to prepare for a genuinely useful experience as a Fulbright grantee in
Austria.“68
Einen Shootingstar der amerikanischen Wissenschaftsszene69 nach Österreich zu
schicken schien den Verantwortlichen in Washington eine glänzende Idee. Doch
damit hätten sie falscher nicht liegen können. In Wien kannte man Goldman nicht
einmal vom Hörensagen, und als der mit 38 Jahren noch junge Wissenschaftler
nach seiner noch dazu verspäteten Ankunft ein selbstbewusstes bis arrogantes
Auftreten an den Tag legte,70 lief alles schief. Goldmans Deutschkenntnisse waren
gering, weshalb er dem Dolmetsch-Institut zugewiesen wurde, um Vorlesungen
und Seminare auf Englisch zu geben. Trotzdem nutzte er auch die Ressourcen des
Historischen Seminars – was die dortigen Professoren nicht gerade freute. Auch
waren sie wenig begeistert, dass Goldmans Lehrveranstaltungen großen Zulauf
hatten, wofür vor allem US-amerikanische Studierende verantwortlich waren.
Zugleich verscherzte es sich Goldman durch seine laufenden Beschwerden über
den schlechten Zustand der angebotenen Unterkünfte mit dem Sekretariat der
Kommission.71
Goldman verlor nicht sonderlich viel Zeit mit den mühsamen Gegebenhei-
ten in Wien: Schon rund einen Monat nach seiner Ankunft verständigte er die
Kommission, dass er seinen Aufenthalt in Wien mit Ende des Wintersemesters
beenden wollte. Er sah sich an der Universität Wien nicht adäquat eingesetzt und
plante für das Sommersemester stattdessen eine Vortragstour durch Europa.72 Bei
der nächsten Kommissionssitzung, zu der er prompt zitiert wurde, gab Goldman
zu Protokoll,
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117