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Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich - Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
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101 „[…] modern thought is characterized by a clear tendency to formulate problems from a sociological approach, a tendency based to a large extent on the requirements of other sciences.“ (Westphalen 1953, 1) Zentrales Merkmal dieser Soziologie waren soziale Strukturen, die in der Regel normativ gesetzt wurden. Der „sociological approach“ war ein erkenntnistheore- tischer Zugang zur Lösung von Problemstellungen, und die Soziologie war gewis- sermaßen die grundlegende Erkenntnistheorie der Sozialwissenschaften, „a total system“ (ebd., 11), auf dem eine Reihe von verschiedenen Themenfeldern aufbau- ten: Genannt wurden in loser Reihenfolge „economy“ bzw. „economics“, „juris- prudence and political science“, „ethnology“, „national economy and social poli- tics“ und „folklore“, „a science […] that is of utmost importance with respect to the social problems of rural life in Austria“ (ebd., 2ff). Erkenntnistheoretische Konflikte gab es natürlich auch im US-amerikanischen Wissenschaftsbetrieb.8 Dennoch ist ein wichtiger Unterschied hervorzuheben: An österreichischen Hochschulen waren Konflikte zwischen Vertretern der Schulen nicht nur innerakademischen Rivalitäten geschuldet. Vielmehr waren sie ziem- lich unmittelbar mit gesellschaftspolitischen Konstellationen verknüpft, die seit mehreren Jahrzehnten auf dem historischen Boden der nun errichteten Zweiten Republik ausgetragen worden waren und die dabei in die Wissenschaften getragen, institutionalisiert und verfestigt worden waren. Westphalens eigene Anführungen dazu waren nicht besonders erhellend,9 machten aber darauf aufmerksam, dass „social sciences have only a questionable reputation in the Austrian public“: Zum einen, weil „the political life in Austria is permeated so strongly by ideologies“, worauf Wissenschaftler mit der Flucht vor „immediate and actual problems“ reagieren würden. Zum anderen seien aber auch alle möglichen Ideologien daran gescheitert „to secure political and social unity“ (Westphalen 1953, 6). Das war eine einsichtige Reflexion in Bezug auf die eigene Schule der Ganzheitsphilosophie. Aber sie war gleichzeitig unverschämt, wenn wir bedenken, dass die meisten Vertreter zweier anderer Schulen, die Westphalen so darstellte, als seien sie nach wie vor vertreten, entweder emigriert oder nicht mehr am Leben waren.10 Jene Schulen, die nach 1945 tatsächlich noch gut institutionalisiert waren – allen voran die universalistische Ganzheitsschule –, entfalteten nur geringe wissen- schaftliche Produktivität und Attraktivität für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Mit einer nach 1945 hergestellten neuen Weltordnung wurden neue gesellschafts- politische Ideen salonfähig, die repräsentative Demokratie, der Wohlfahrtsstaat und die allgemeinen Menschenrechte. Von den alten Schulen konnten adäquate theoretische Umsetzungen dieser Ideen nicht ohne Verrenkungen geliefert wer- den, waren sie doch noch bis vor kurzem auf andere, konträre, im weitesten Sinne totalitäre Zielsetzungen ausgerichtet gewesen. Es waren Werkzeuge der Kulturdiplomatie – und hier insbesondere wiederum die UNESCO und das Fulbright Program –, die für die Fundierung dieser Ideen in Österreich (wie auch anderswo in Europa) eintreten und für eine Neuausrich- tung der österreichischen Intelligenz und Wissenschaft sorgen sollten. Da sich die
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Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Subtitle
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Author
Thomas König
Publisher
StudienVerlag
Location
Innsbruck
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-7065-5088-8
Size
15.8 x 23.9 cm
Pages
190
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Geleitwort 7
  2. Vorwort 11
  3. 1. Einleitung 13
    1. Die Entstehungsgeschichte des Fulbright Program 14
    2. Zur Vorgehensweise der vorliegenden Untersuchung 18
  4. 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
    1. Der Wissenschaftsbetrieb in der frühen Zweiten Republik 29
    2. Die Kommission im Vergleich mit anderen Förderinstitutionen 35
  5. 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
    1. Hochschulautonomie als Wille und Vorstellung 42
    2. Fulbright Grantees – mehr als eine Frage der Definition 49
  6. 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
    1. Herkömmliche Verfahren des Austausches 62
    2. Debatten über US-Visiting Lecturers 66
  7. 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
    1. Weiche Kriterien der Auswahl 74
    2. Der Platzierungsvorgang 82
    3. Die platzierten Gäste 90
  8. 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
    1. Zur Semantik von Social Sciences und American Studies 98
    2. Wissenschaftliche Transferleistungen 106
    3. Institutionelle Innovationen (und ihre Verhinderung) 111
  9. 7. Schluss 117
    1. Anhang: USEC/A Fulbright Visiting Lecturers und Research Scholars 122
    2. Anmerkungen 137
    3. Verzeichnis der Darstellungen 164
    4. Quellen und Literatur 165
    5. Abkürzungsverzeichnis 176
    6. Index 177
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