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104 of the required training of Austrian jurists, is presented from the legalistic
point of view. Certain topics, such as the significance of parties in govern-
ment, are not even touched. A presentation of the functionalism of govern-
ment will, in all probability, meet with considerable interest.“15
Den österreichischen Kommissionsmitgliedern musste im Verlauf der Jahre deut-
lich geworden sein, dass eine Wissenschaft zur Analyse des politischen Arkanums
in Österreich nicht existierte und etwas anderes war als die an den rechts- und
staatswissenschaftlichen Fakultäten gepflegten Studien.
Bemerkenswert ist auch die Darstellung Österreichs bzw. der österreichischen
Wissenschaftslandschaft in diesen beiden Zitaten: In beiden Fällen fällt sie passiv
aus. Im ersten Zitat ist die typische Nachkriegsmetapher zu finden, jene des kul-
turellen Reichtums in Österreich.16 Im zweiten Zitat wurde Österreich dagegen
als ein wissenschaftliches Entwicklungsland dargestellt (was es gemessen am Ent-
wicklungsgrad der Politikwissenschaft in den USA wohl auch war).
Der wesentliche Aspekt für das historische Verständnis von Social Sciences in
den jährlichen Programmen der Fulbright Commission steckt allerdings in der
Relation zu den American Studies. Vorsichtig unterschieden, umfassten Sozial-
wissenschaften den Komplex wissenschaftlicher Aktivitäten, in denen normierte
Disziplinen festgelegt waren, die sich hinsichtlich methodischer Anwendung und
eines jeweils strikt abgegrenzten Gegenstandes voneinander abgrenzten. Ameri-
can Studies dagegen betrafen die (eher inhaltlich orientierte) Betrachtung und
Analyse von amerikanischer Kultur, Geschichte, Gesellschaft etc. – meinten also
sozialwissenschaftliche, geisteswissenschaftliche und insbesondere philologische
Disziplinen mit einem räumlichen Schwerpunkt.
Die beiden Begriffe verhielten sich teilweise komplementär zueinander. In der
Exekution des Fulbright Program blieben „Social Sciences and American Stu-
dies“ aufeinander verwiesen: Die Besonderheiten der Social Sciences – empiri-
sche Messungen, Erhebungen, statistische Verfahren – waren ja gerade auch an
amerikanische Verhältnisse geknüpft.17 Für die Kommission und insbesondere
die österreichische Seite musste die Stellung von Social Sciences und American
Studies zueinander einigermaßen unklar bleiben. Themengebiete wie American
Culture konnten mit sozialwissenschaftlichen Methoden erfasst werden oder
auch historiographisch. Ein Fach wie American Sociology wiederum konnte eine
spezifische amerikanische Soziologie bezeichnen, aber auch eine Soziologie, die
sich mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in den USA auseinandersetzte.18
Indem vor die Bezeichnung das Adjektiv „American“ gestellt wurde, fiel die Dis-
ziplin gewissermaßen automatisch (auch) den American Studies zu.
Dieses Spiel mit Etiketten sollte die Kommission bald als eine Möglichkeit
erkennen, um auch Wissenschaftsdisziplinen zu platzieren, die im österreichischen
Wissenschaftsbetrieb nicht besonders beliebt waren. In aller Offenheit wurde das
etwa in der folgenden Beschreibung einer Position für einen US-Visiting Lectu-
rer in Zeitgeschichte („Contemporary History“) angesprochen. Hier ging es nicht
um die Frage, welchem abstrakten Wissenschaftsbereich das Projekt zugeordnet
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Subtitle
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Author
- Thomas König
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Size
- 15.8 x 23.9 cm
- Pages
- 190
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117