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22 Karel Hruza
„Historischer Verein für Steiermark“ und auch „Verein für Geschichte der Deutschen in
Böhmen“.
Nachhaltige Netzwerke generierten auch (nicht fachspezifische) studentische Verbin-
dungen bzw. Burschenschaften. Bis in die Gegenwart bekannt ist der Einfluss des „Car-
tell verbands“, aufgerollt wird derzeit die Geschichte des „Deutschen Klubs“31. Mitglie-
der dieses von 1908 bis 1939 bestehenden, nur Männern und schließlich nur „Ariern“
reservierten „Sammelbecken[s] deutschnationaler Verbindungen“, das immer mehr in
den Sog des Nationalsozialismus geriet, wie nicht nur die Zahl von NSDAP-Mitgliedern
ausweist, waren von den 47 porträtierten Historikern32 : Wilhelm Bauer (1919, 1939),
Ludwig Bittner (1919, 1939), Alfons Dopsch (1919, 1939), Adolf Grohmann (1919),
Paul Heigl (1939), Hans Hirsch (1919, 1939), Theodor Mayer (1919), Harold Steina-
cker (1919), Hans Uebersberger (1919, 1939). Es fällt sogleich auf, dass bis auf Groh-
mann alle einen Ausbildungslehrgang am IÖG absolviert haben und bis auf Dopsch,
Grohmann und Heigl alle einer Generation angehören33. Es hat (jedenfalls vorläufig)
den Anschein, als sei der „Deutsche Klub“ für jüngere Historiker in Wien nicht sehr
attraktiv gewesen ; freilich sind auf diesem Feld weitere Forschungen nötig und wün-
schenswert.
Es wird demnach deutlich, dass österreichische Historikerinnen und Historiker in eine
Vielzahl von Netzwerken eingebunden sein konnten, die sich überlappten, also unter-
einander Schnittmengen produzierten. Dass diese Netzwerke auch über den eigenen Be-
rufsstand hinausreichten, beispielsweise die Ministerialbürokratie erfassten, konnte sie für
den Einzelnen sehr wertvoll und hilfreich machen, wie zum Beispiel der Fall des Bundes-
ministers Heinrich Drimmel offenbart, der einer Wiedereingliederung der nationalsozia-
listisch belasteten Historiker Taras Borodajkewycz und Heinz Zatschek ins Berufsleben
wohlwollend gegenüberstand34. Hier eröffnet sich für die Zukunft ein weites Forschungs-
feld. Das gilt ebenso für die Frage nach Identitäten österreichischer Historikerinnen und
Historiker. Aus den Porträts der drei Bände lässt sich gut ablesen, welch überlappende,
aber auch in verschiedenen Intensitäten postulierte Identitäten aufschienen. Im behan-
delten Zeitraum waren in Österreich Identitäten als Österreicher, Deutscher und nach
31 Linda Erker, Andreas HuBer, Klaus Taschwer, Von der „Pflegestätte nationalsozialistischer Opposition“
zur „äußerst bedrohlichen Nebenregierung“. Der Deutsche Klub vor und nach dem „Anschluss“ 1938, in :
Zeitgeschichte 44 (2017) Heft 2 78–97.
32 Freundliche Auskunft von Andreas Huber (Wien). Die Jahreszahlen verweisen auf die Mitgliederlisten von
1919 und 1939.
33 Bittner, Uebersberger und Steinacker besuchten den 22. Kurs 1897–1899, Bauer, Hirsch und Srbik, das „tri-
folium“, den 23. Kurs 1899–1901.
34 Siehe die Beiträge zu Borodajkewycz und zu Zatschek im vorliegenden und im ersten Band der „Österreichi-
schen Historiker 1900–1945“.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625