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Österreichische Historiker 1900–1945 23
den historischen (Bundes-)Ländern anzutreffen. In einigen Fällen wurde deutlich, dass an
erster Stelle die Identität zum Beispiel als Tiroler oder Kärntner stand. Diese Identitäten
waren prioritär gegenüber der Identität als Deutscher, aber noch mehr gegenüber jener
als Österreicher. Durchgehend existent war der Zwiespalt oder die Reibung zwischen den
Identitäten als Österreicher und Deutscher, und es scheint, dass bereits am Ende der
1920er-Jahre bei einigen völkisch gesinnten österreichischen Historikern die Identität als
Deutscher diejenige als Österreicher verdrängt hatte. Mit dem geschichtlichen Gesche-
hen der 1930er- und 1940er-Jahre veränderten sich die Identitäten, bis seit 1945 bei
der Mehrheit der Historikerinnen und Historiker die Identität als Österreicherin oder
Österreicher bestimmend wurde. Freilich blieben Identitäts-Spannungen virulent. Der
Kärntner oder Tiroler blieb auch nach 1945 zuerst Kärntner oder Tiroler ; welches seine
„zweite Identität“ wurde, Österreicher oder Deutscher, ist nicht immer zu eruieren. Dass
die Identität als Deutscher nach 1945 nicht immer (zu Genüge) abgestreift wurde, bezeugt
das Beispiel Taras Borodajkewycz. Auffallend ist aber, dass vor dem „Anschluss“ 1938 der
aktivste Vertreter einer (freilich bestimmten) Österreich-Idee unter den Porträtierten der
aus Deutschland kommende Konrad Josef Heilig war. Die Frage nach „Identitäten“ von
Historikerinnen und Historikern berührt auch das Forschungsfeld, in dem „Habitus“
und „Typus“ von Universitätsprofessoren bzw. Gelehrten und Intellektuellen untersucht
werden. Auch hier bieten die Biografien der drei Bände „Österreichischer Historiker“
hoffentlich verwertbares Material.
Am Schluss dieser Einleitung soll – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – auf einige
Literaturneuerscheinungen hingewiesen werden, die Relevanz für das Thema „Österrei-
chische Historiker 1900–1945“ aufweisen. In „biografiA“, einem großen „Lexikon öster-
reichischer Frauen“, sind etliche biografische Skizzen österreichischer Historikerinnen
versammelt35. Zu Otto Brunner hat Hans-Henning Kortüm zwei Aufsätze publiziert36.
Peter Schöttler hat seinen grundlegenden Beitrag zu Lucie Varga in überarbeiteter Fassung
2015 in einem Sammelband seiner Annales-Studien nochmals veröffentlicht37. Johannes
Holeschofsky konnte nach seinem Beitrag zu Hugo Hantsch im zweiten Band „Öster-
reichische Historiker 1900–1945“ eine Monografie über diesen Historiker publizieren38.
Reto Heinzel hat 2016 eine Biografie des einflussreichen österreichischen Mediävisten
35 biografiA. Lexikon österreichischer Frauen, hg. v. Ilse Korotin (Wien/Köln/Weimar 2014).
36 Hans-Henning Kortüm, Otto Brunner über Otto den Großen. Aus den letzten Tagen der reichsdeutschen
Mediävistik, in : HZ 299 (2014) 297–333 ; Ders., „Gut durch die Zeiten gekommen.“ Otto Brunner und der
Nationalsozialismus, in : Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 66 (2018) Heft 1, 117–160.
37 Peter Schöttler, Die „Annales“-Historiker und die deutsche Geschichtswissenschaft (Tübingen 2015).
38 Johannes Holeschofsky, Hugo Hantsch. Eine biografische Studie (Studien und Forschungen aus dem Nie-
derösterreichischen Institut für Landeskunde 59, St. Pölten 2014).
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625