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34 Johannes Holeschofsky
unmittelbar aus der Regestenarbeit erfolgt, kann nicht völlig befriedigen, Regesten und
Biografie unterschieden sich, wie schon Lhotsky treffend bemerkte, in Ansatz und Ziel-
setzung sehr. Ich nehme vielmehr einen Bruch in Redlichs ganzer Arbeitsweise an. Wer
könnte für diesen Bruch mitverantwortlich sein ? An welchen Vorbildern orientierte sich
Redlich nun ? Die eng befreundeten und damals eng zusammenarbeitenden Historiker
Erich Marcks und Friedrich Meinecke entwickelten, stark von Wilhelm Dilthey beein-
flusst, einen neuen biografischen Zugang zur Geschichte, der seine Wurzeln gleichermaßen
in der Lebensphilosophie sowie im Neukantianismus hat und erst viel später mit dem
Begriff einer Ranke-Renaissance beschrieben wurde. Einerseits betonten sie theoretisch
auf erstaunlich modern anmutende Weise die Subjektivität und Zeitgebundenheit des Au-
tors und damit dessen Voreingenommenheit in der Interpretation der Quellen. Anderer-
seits aber stellten sie sich gerade in ihrer Berufung auf die Unausweichlichkeit der eigenen
Zeitgebundenheit mit recht willkürlich anmutender Quelleninterpretation ganz in den
Dienst einer Verherrlichung des kleindeutsch-preußischen Erfolgsmodells zur modernen
Nationsbildung der Deutschen. Hierbei knüpften Marcks und Meinecke vor allem an den
Deutschnationalismus Heinrich von Treitschkes an. Weiters aber wiesen sie (zumindest
theoretisch) auf die prinzipielle Ergebnisoffenheit aller historischen Abläufe hin.
Ich nehme nun als Hypothese an, dass bereits Redlich, vor Srbik, sich in seiner biografi-
schen Darstellung methodisch von Marcks und Meinecke inspirieren ließ, inhaltlich aber
dem kleindeutsch-preußischen Modell ein solches versäumter großdeutscher Möglich-
keiten gegenüberzustellen trachtete. Wenn Redlich hierbei nun ablehnte, die deutsche
Geschichte als schicksalshaft auf die kleindeutsch-wilhelminische Lösung hinlaufend
einzuschätzen, dann enthielt seine Argumentation auch eine deutliche Spitze gegen die
Realpolitik der eigenen Dynastie.
4. ein idealer, nationaler haBsBurger :
die Biografie rudolfs i.
Die in drei Bücher gegliederte Biografie König Rudolfs I. von Habsburg wurde vor nicht
langer Zeit als „keineswegs überholtes“ Standardwerk bezeichnet15. Redlichs Schüler
15 Vgl. Franz-Reiner Erkens, Zwischen staufischer Tradition und dynastischer Orientierung : Das Königtum
Rudolfs von Habsburg, in : Rudolf von Habsburg 1273–1291. Eine Königsherrschaft zwischen Tradition
und Wandel, hg. v. Egon Boshof, Franz-Reiner Erkens (Passauer Historische Forschungen 7, Köln 1993)
33–59, hier 34f. Dagegen setzte sich Johannes Grabmayer kritisch mit Redlichs Rudolf-Bild auseinander. Der
Monarch sei primär durch dynastische Interessen geleitet worden, auch und gerade in seiner südwestdeutschen
Expansionspolitik. An den Staufermythos habe er angeknüpft, um „Legitimität durch die Demonstration von
Kontinuität“ zu gewinnen. Johannes GraBmayer, Überlegungen zu Persönlichkeit und Politik Rudolfs I. von
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625