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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 53 -
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Oswald Redlich (1858–1944) 53 thoden könnten aber nie die Bedeutung eines einzelnen Individuums erklären, dieses sei niemals ein glattes Produkt überindividueller Faktoren109. Hier reihte sich Redlich in die Tradition einer „mittleren Linie“ ein, die Erich Marcks und Friedrich Meinecke in der Lamprecht-Kontroverse eingenommen hatten. Die beiden hatten bereits vermehrt wirtschafts- und sozialgeschichtliche Themenbereiche angesprochen, ohne indes deren „Primat“ das Wort zu reden. Sie hatten damit nicht nur gegen Karl Lamprecht, sondern auch gegen die tatsächlichen Neo-Rankeaner wie Max Lenz oder Felix Rachfahl Stellung genommen und folgten hierbei strikt der Lebensphilosophie ihres verehrten Lehrmeisters Wilhelm Dilthey110. Dilthey hatte, anders als Ranke, der in dieser Beziehung ähnlich wie Friedrich Hegel dachte, den Staat nicht mehr als unmittelbaren Ausdruck eines „objekti- ven Geistes“ aufgefasst111, sondern dieser sei vielmehr nur über seine „Objektivationen“ wahrnehmbar. Darunter verstand Dilthey den Strukturzusammenhang der Einzelperson mit vielen möglichen überpersönlichen, politisch-sozial-kulturellen „Gebilden“, unter die auch der Staat eingereiht wurde. Mit diesen „Gebilden“ stünde jedes Individuum in einer Wechselwirkung. Zu erforschen habe der Geisteswissenschaftler das Verhältnis jedes quellenmäßig fassbaren Individuums zur Gesellschaft. Dilthey und seine Nachfolger hatten unzweifelhaft eine Schneise für sozial- und wirtschaftshistorische Fragestellungen geschlagen ; ihr gesteigertes Interesse für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte verknüpften sie allerdings stets mit einer deutschvölkischen Perspektive. 7.2 Redlich, seine Schüler und die Volksgeschichte Vor allem wegen seiner Schüler Otto Brunner, Hermann Aubin oder auch Harold Stein- acker wurde Redlich als geistiger Ziehvater einer „Volksgeschichtsschreibung“ gesehen, die 109 Ebd. 76. 110 Siehe zu Erick Marcks Jens Nordalm, Historismus und moderne Welt. Erick Marcks (1861–1938) in der deutschen Geschichtswissenschaft (Historische Forschungen 76, Berlin 2003) 124f., sowie Ders., „Genera- tionen“ der Historiographiegeschichte im 19. und 20. Jahrhundert ? Einige Zweifel am Methodendiskurs in den Geschichtswissenschaften, in : Neue Zugänge zur Geschichte der Geschichtswissenschaft, hg. v. Jan Ek- kel, Thomas Etzemüller (Göttingen 2007) 284–309, hier 298f. Zu Meineckes sozialreformerischem, „de- mokratischem Impetus“ siehe Rüdiger vom Bruch, Ein Gelehrtenleben zwischen Bismarck und Adenauer, in : Friedrich Meinecke in seiner Zeit. Studien zu Leben und Werk, hg. v. Gisela Bock, Daniel Schönpflug (Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte 19, Stuttgart 2006) 9–21, hier 16f. Siehe aber auch die seit den 1960er Jahren eher vorherrschende Interpretation einer auch Marcks und Meinecke umfassen- den, „reaktionären“ Rankerenaissance bei Elisabeth FehrenBach, Rankerenaissance und Imperialismus in der wilhelminischen Zeit, in : Geschichtswissenschaft in Deutschland. Traditionelle Positionen und gegen- wärtige Aufgaben, hg. v. Bernd FaulenBach (München 1974) 54–66, hier 54f. 111 Zur erstaunlich scharfen Kritik Diltheys an Ranke siehe etwa Hellmut Diwald, Wilhelm Dilthey. Erkennt- nistheorie und Philosophie in der Geschichte (Göttingen 1963) 158f.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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