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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 58 -
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58 Johannes Holeschofsky aber argumentierte, von einer sprachlich anderen Interpretation des Vertrags-Artikels 93 ausgehend, eigentlich sei an dieser Stelle das Betreffprinzip anerkannt worden126. Redlich setzte diesen Argumenten nicht nur seine eigene Interpretation im Sinne des Provenienz- prinzips entgegen, sondern er berief sich vor allem auf die bereits erfolgte Einigung mit Italien. Dadurch konnte er die österreichische Position offensichtlich stärken. Dem Ver- trag mit Italien folgten Abkommen mit der Tschechoslowakei (1920), mit Jugoslawien (1923) sowie mit Ungarn (1926)127. 8.3 Präsident der Wiener Akademie der Wissenschaften 1899 war Redlich zum korrespondierenden, 1900 zum wirklichen Mitglied der Wiener Akademie gewählt worden. 1915 erfolgte die Wahl zu ihrem Vizepräsidenten, 1919 zum Präsidenten. Was waren nun die Kernanliegen des Akademie-Präsidenten Redlich ? Oth- mar Hageneder betonte, Redlich sei stets gegen jeden „Subjektivismus“ in der Wissen- schaft und dagegen aufgetreten, in wissenschaftlichen Werken „mit unerschöpflichem Wortreichtum“ einen „nur schwer fassbaren Kern“ zu verhüllen. Dagegen habe er ein streng positivistisches Prinzip sowohl in den Naturwissenschaften als auch in den Geistes- wissenschaften verfochten128. Gerald Oberkofler hob hervor, dass Redlich stets „gedul- dig“ für das „Kartell“ der Deutschen Akademien der Wissenschaften gewirkt habe – und sprach damit einen Punkt an, der, abgesehen von Oberkoflers Erklärungsmodell, auch durch die „Germanophilie“ Redlichs, d. h. seine Begeisterung für die Geisteswelt „Reichs- deutschlands“, erklärt werden könnte.129 Am 16.März 1938, also fünf Tage nach dem 126 HHStA, NL Oswald Redlich, K. Nr. 2 Resüme vom 26.04.1920, betreffend die unterschiedliche Interpreta- tion des Artikel 93 des Friedensvertrages : Redlich argumentierte laut Protokoll : […] belonging to bedeute auf Englisch keineswegs „betreffen“, sondern gehören, außerdem sei allein der französische Text ausschlaggebend. Wei- ters drohte Redlich damit, im Falle des Ausbleibens einer Einigung die Reparationsmächte anzurufen. Diese hätten das Provenienzprinzip anerkannt. Schließlich rückten die tschechoslowakischen Vertreter von ihrer grundsätzlichen Ablehnung des Provenienzprinzips ab. HHStA, NL Redlich, K. Nr. 2 Allgemeine Grund- sätze, Mai 1920. 127 Just, Redlich (wie Anm. 1) 423. 128 Hageneder, Redlich (wie Anm. 1) 426f. 129 Dass es auch andere Motive für Redlichs Präsidialpolitik gegeben haben dürfte, beweist ein sarkastischer Brief Bauers an Hirsch : Ottenthals Schwager hat eine Eingabe gemacht, behufs wissenschaftl. Herleitung des Zensur- materials der Kriegsgefangenschaft nach dem ethischen, soziologischen und volkspsychologischen Gesichtspunkte. Die Akademie hat es für gut befunden aufgrund Ottenthals Einfluß. Eine ganz ausgefallene Sache. Bei der Debatte meinte Reich, man solle bei dieser Gelegenheit betonen, daß das Unterrichtministerium nicht einmal Geld hatte, die von Lach begonnene musikwissenschaftliche Untersuchung zu unterstützen. Du hättest sehen sollen, wie Redlich aufbrauste ! Er als Orel-Schwiegervater ! [Gemeint waren wohl der österreichische Musikkritiker und Kompo- nist Robert Lach und der österreichische Musikwissenschaftler Alfred Orel, J.H.] Überall Schwäger-Schwager- Freunderlpolitik ! IÖG-Archiv, NL Hans Hirsch, Brief Bauers an Hirsch vom 01.07.1920. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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